Das Digital: Das neue Kapital - Markt, Wertschöpfung und Gerechtigkeit im Datenkapitalismus

Wie entsteht ökonomischer Mehrwert im Kapitalismus? Und wie sollte er umverteilt werden? Das waren die zentralen Fragen, die Karl Marx am Übergang zum Industrie- Kapitalismus in »Das Kapital« auf radikale Weise beantwortete. Viktor Mayer-Schönberger und Thomas Ramge beantworten die gleichen Fragen am Übergang zum globalen Datenkapitalismus neu. Wir können mit Daten den Markt neu erfinden – und Wohlstand für alle schaffen. Dazu müssen Big Data, Automatisierung und Künstliche Intelligenz ihr Potenzial voll entfalten können. Den Effizienzgewinn dürfen nicht allein die großen Datenmonopolisten einstreichen. Nur wenn dieser allen zugute kommt, schaffen wir eine digitale soziale Marktwirtschaft. In der aber werden Geld und Banken eine untergeordnete Rolle spielen.

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Das Digital: Das neue Kapital - Markt, Wertschöpfung und Gerechtigkeit im Datenkapitalismus

Wie entsteht ökonomischer Mehrwert im Kapitalismus? Und wie sollte er umverteilt werden? Das waren die zentralen Fragen, die Karl Marx am Übergang zum Industrie- Kapitalismus in »Das Kapital« auf radikale Weise beantwortete. Viktor Mayer-Schönberger und Thomas Ramge beantworten die gleichen Fragen am Übergang zum globalen Datenkapitalismus neu. Wir können mit Daten den Markt neu erfinden – und Wohlstand für alle schaffen. Dazu müssen Big Data, Automatisierung und Künstliche Intelligenz ihr Potenzial voll entfalten können. Den Effizienzgewinn dürfen nicht allein die großen Datenmonopolisten einstreichen. Nur wenn dieser allen zugute kommt, schaffen wir eine digitale soziale Marktwirtschaft. In der aber werden Geld und Banken eine untergeordnete Rolle spielen.

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Wie entsteht ökonomischer Mehrwert im Kapitalismus? Und wie sollte er umverteilt werden? Das waren die zentralen Fragen, die Karl Marx am Übergang zum Industrie- Kapitalismus in »Das Kapital« auf radikale Weise beantwortete. Viktor Mayer-Schönberger und Thomas Ramge beantworten die gleichen Fragen am Übergang zum globalen Datenkapitalismus neu. Wir können mit Daten den Markt neu erfinden – und Wohlstand für alle schaffen. Dazu müssen Big Data, Automatisierung und Künstliche Intelligenz ihr Potenzial voll entfalten können. Den Effizienzgewinn dürfen nicht allein die großen Datenmonopolisten einstreichen. Nur wenn dieser allen zugute kommt, schaffen wir eine digitale soziale Marktwirtschaft. In der aber werden Geld und Banken eine untergeordnete Rolle spielen.


Product Details

ISBN-13: 9783843716093
Publisher: Ullstein Ebooks
Publication date: 10/13/2017
Sold by: Bookwire
Format: eBook
Pages: 304
File size: 3 MB
Language: German

About the Author

Viktor Mayer-Schönberger war zehn Jahre Professor in Harvard und hat heute den Lehrstuhl für Internet Governance in Oxford. Bekannt wurde er durch sein Engagement für das digitale Vergessen im Internet und seinen weltweiten Bestseller BIG DATA. Thomas Ramge ist Technologie-Korrespondent bei brand eins und schreibt für The Economist. Er wurde mit zahlreichen Journalistenpreisen ausgezeichnet. Ramge hat elf Sachbücher veröffentlicht, darunter den Spiegelbestseller "Die Flicks" und "Wirtschaft verstehen mit Infografiken" (zusammen mit Jan Schwochow).

Thomas Ramge, geboren 1971, ist Technologie-Korrespondent bei brand eins und schreibt u.a. für The Economist, Harvard Business Review und Foreign Affairs. Er wurde mit zahlreichen Journalistenpreisen ausgezeichnet u.a. dem Best Business Book Award on Innovation and Technology, dem Axiom Business Book Award, dem getAbstract International Book Award, dem Deutschen Wirtschaftsbuchpreis und dem Herbert Quandt Medienpreis.
Ramge hat in Techniksoziologie über Künstliche Intelligenz promoviert und
war Research Fellow am Weizenbaum Institut für die vernetzte Gesellschaft sowie am
Center for Advanced Internet Studies (CAIS). In den letzten zwanzig Jahren hat er mehr als 15
Sachbücher und einen Roman veröffentlicht.


Viktor Mayer-Schönberger war zehn Jahre Professor in Harvard und hat heute den Lehrstuhl für Internet Governance in Oxford. Bekannt wurde er durch sein Engagement für das digitale Vergessen im Internet und seinen weltweiten Bestseller »BIG DATA«.

Read an Excerpt

CHAPTER 1

DATENKAPITALISMUS

EBays zwanzigster Geburtstag im September 2015 sollte eigentlich eine Siegesfeier werden. Seit der Gründung des Online-Marktplatzes hatten 160 Millionen Nutzer Waren im Wert von über 700 Milliarden US-Dollar auf eBay gehandelt. Doch als der neue Firmenchef Devin Wenig die Bühne betrat, wirkte er auf die anwesenden Journalisten eher wie ein »General, der seine umlagerten Truppen auf die Schlacht einschwört«. Seine Rede fühlte sich an wie ein Motivationsseminar – und das aus gutem Grund. Dem weltgrößten Marktplatz war ein Stück weit die Luft ausgegangen: Während andere große Online-Händler von Umsatzrekord zu Umsatzrekord eilten, stagnierten bei eBay die Verkäuferzahlen. Der große Rivale Amazon baute sein »Marketplace«-Angebot mit unabhängigen Händlern in direkter Konkurrenz zu eBay sehr erfolgreich aus. Zudem wilderten immer mehr spezialisierte Plattformen wie Etsy – ein Marktplatz für Handgemachtes – im Revier des einstigen Platzhirschs. Wall-Street-Analysten bezeichneten eBay als »reif für den Neustart«.

Pierre Omidyar hatte eBay 1995 als kleinen Testballon gestartet. Die ersten Auktionen liefen noch auf seiner persönlichen Website. Der Ballon flog hoch und weit. In den kommenden Jahren wurde eBay hochprofitabel. Omidyar hatte eine uralte, aber extrem erfolgreiche Idee in die Onlinewelt übertragen: den Marktplatz. Doch weil eBays Marktplatz kein physischer Ort mehr war, hatte er rund um die Uhr, 365 Tage im Jahr, geöffnet. Aufgrund der nahezu unbegrenzten Reichweite des Internets stand er weltweit vielen offen. EBays innovatives Bewertungssystem sorgte dafür, dass die Teilnehmer einander vertrauen konnten, obwohl sie sich nicht kannten. Das alles machte die neue Plattform außerordentlich attraktiv.

Wenn sich viele Käufer und Verkäufer an einem Ort tummeln, sprechen Ökonomen von einem »dichten« Markt. Dichte Märkte sind gute Märkte, denn sie erhöhen die Wahrscheinlichkeit, dass beide Seiten finden, was sie suchen. EBays Marktplatz war traditionellen Märkten in einem weiteren wichtigen Punkt überlegen: Statt zu Festpreisen wurden die Waren in den ersten Jahren ausschließlich in Auktionen verkauft. Dass dies ein deutlich besserer Weg ist, den passenden Preis zu finden, lernen Wirtschaftsstudenten im ersten Semester.

Ein weltweiter Marktplatz, der immer geöffnet hat und Transaktionen einfach und effizient macht – das war das Rezept für eBays kometenhaften Aufstieg. Die Plattform war dabei nicht nur wegweisend für die junge Internetwirtschaft, sondern schien auch die überragende Rolle zu bestätigen, die Märkte in unserem Wirtschaftssystem insgesamt spielen. Mit so vielen Vorteilen werden viele eBays Schwierigkeiten der letzten Jahre schlechtem Management zuschreiben. Für uns sind sie jedoch ein Anzeichen einer viel größeren, strukturellen Veränderung unserer Wirtschaft.

Nur wenige Monate vor eBays zwanzigstem Jubiläum passierte bei einem anderen Internetpionier etwas sehr Merkwürdiges. Der Aktienkurs von Yahoo rutschte de facto ins Minus. Der Hintergrund: Yahoo besaß einen erheblichen Anteil am chinesischen OnlineMarktplatz Alibaba – und gemessen an Alibabas Aktienkurs waren Yahoos Alibaba-Aktien mehr wert als Yahoo selbst. Wer YahooAktien verkaufte, bezahlte also den Käufer dafür, dass der ihm die Aktien abnahm. Das ergab keinen Sinn, denn der Kurs einer Aktie kann niemals negativ sein. Gleichzeitig sollten Aktienkurse das gesamte Wissen eines Markts abbilden – so lehrt es uns zumindest die Wirtschaftswissenschaft. Irgendetwas lief also grundlegend falsch.

EBays überraschende Schwierigkeiten und der widersinnige Aktienkurs von Yahoo sind keine Verkettung unglücklicher Umstände. Sie zeigen vielmehr eine fundamentale Schwäche traditioneller Märkte auf: die Fixierung auf den Preis.

Ungefähr zur selben Zeit, als eBay und Yahoo in Schwierigkeiten gerieten, kamen die Geschäfte eines deutlich jüngeren Start-ups namens BlaBlaCar erst richtig in Fahrt. Die Firma war 2006 in Paris von einem jungen Franzosen gegründet worden, der sich während eines Studiums an der kalifornischen Stanford-Universität den Gründervirus eingefangen hatte. BlaBlaCar ist wie eBay eine Art Online-Marktplatz. Das Unternehmen hat sich allerdings spezialisiert: Es ist eine Mitfahrzentrale, und zwar eine sehr erfolgreiche. Jeden Monat finden mehrere Millionen von Autofahrern und Fahrgästen zusammen, die dasselbe Ziel haben. Und es werden immer mehr. Im Unterschied zu eBay spielt auf BlaBlaCars Marktplatz allerdings nicht der Preis die Hauptrolle, sondern vielfältige Daten. Mitfahrer können zum Beispiel die Angebote danach durchsuchen, wie gesprächig der Fahrer ist (daher der Name BlaBlaCar), welche Musik sie mögen oder ob Haustiere mitfahren dürfen – und somit das für sich perfekt geeignete Angebot auswählen. Der Preis spielt in dem Modell nur eine untergeordnete Rolle, denn die Fahrer können diesen nur innerhalb einer vorgegebenen Spanne festlegen.

Die digitale Mitfahrzentrale von BlaBlaCar ist nicht die einzige Plattform mit diesem Ansatz: Von der Internet-Reiseplattform Kayak über die Online-Investmentfirma SigFig bis zur digitalen Jobbörse Upwork entstehen immer mehr Märkte, die auf vielfältige Daten setzen und dadurch ihren Nutzern helfen, optimalere Transaktionspartner zu finden. Diese Sorte Marktplätze gewinnt – in der Sprache von Risikokapitalisten gesprochen – gerade mächtig an »Traktion«.

In diesem Buch weben wir den roten Faden, der diese drei Geschehnisse verbindet: Ein traditioneller Online-Marktplatz steckt in Schwierigkeiten, die eingespielten Preismechanismen der Wall Street spielen verrückt, datenreiche Märkte heben ab. Wir sind davon überzeugt, dass Märkten ein Neustart bevorsteht, der auf Datenreichtum basiert und unsere gesamte Wirtschaft ähnlich tiefgreifend verändern wird wie die industrielle Revolution. Der neue Datenreichtum wird Mehrwert für alle Marktteilnehmer schaffen. Und mit seiner Hilfe ersetzen wir den Industrie- und Finanzkapitalismus des letzten Jahrhunderts durch den Datenkapitalismus.

Der Markt ist eine erfolgreiche gesellschaftliche Innovation. Er erlaubt uns, begrenzte Ressourcen effizient zu verteilen. Märkte folgen einem einfachen Prinzip – und haben eine extrem große Wirkung. Sie ermöglichen es, sieben Milliarden Menschen zu ernähren, ein Dach über dem Kopf zu schaffen und sie mit Kleidung zu versorgen. Sie haben unsere Lebenserwartung und Lebensqualität drastisch erhöht. Transaktionen am Markt sind soziale Interaktionen – auch oder gerade weil sie der menschlichen Natur des sozialen Austauschs so gut entsprechen. Hierin liegt der Grund, dass Märkte sich für die meisten von uns so natürlich anfühlen und so tief in der DNA unserer Gesellschaft verankert sind, dass wir ihre Leistung kaum noch wahrnehmen. Sie sind das Fundament unseres Wirtschaftssystems.

Märkte entfalten ihre volle Kraft, wenn Informationen ungehindert fließen und Menschen wissen, wie sie diese in ihre Entscheidungen einbeziehen. Dank dieser Informationen können Märkte ohne zentrale Entscheidungsgewalt funktionieren. Umgekehrt heißt das auch: Damit Märkte stabil und belastbar sind, müssen alle Teilnehmer möglichst ungehindert auf die Informationen über die Angebote am Markt zugreifen können. Bis vor kurzem war es jedoch aufwendig und teuer, derartig umfassende Informationen anderen Marktteilnehmern mitzuteilen. Daher griffen wir zu einer raffinierten Notlösung und verdichteten die Vielzahl von Informationen zu einer einzigen Zahl: dem Preis. Und wir kommunizierten diese Information mit Hilfe von Geld.

Die Kehrseite des Preises ist jedoch: Wenn Informationen komprimiert werden, gehen Details und Nuancen verloren. Das führt zu schlechteren Transaktionen – weil wir aufgrund der fehlenden Details das Angebot nicht mehr überblicken oder aufgrund der zu stark verdichteten Informationen Fehlentscheidungen treffen. Seit Jahrtausenden haben wir mit dieser Krücke gelebt, weil es keine bessere Alternative gab.

Genau das ändert sich gerade. Schon bald werden Märkte dominieren, auf denen umfassende Informationen über Angebot und Nachfrage schnell und kostengünstig verfügbar sind. Wir werden diese Daten mit Hilfe künstlicher Intelligenz (Ki) und modernen Matching-Algorithmen kombinieren – und so schnell und einfach den optimalen Transaktionspartner am Markt finden. Das wird so gut funktionieren, dass wir es selbst für scheinbar banale Transaktionen nutzen.

Nehmen wir an, Sie sind auf der Suche nach einer neuen Bratpfanne als Ersatz für die alte. Ein mit Daten lernendes System auf Ihrem Smartphone schaut sich ihre Einkaufshistorie an und sieht, dass Sie beim letzten Mal eine Pfanne für einen Induktionsherd gekauft haben. Allerdings haben Sie anschließend nur eine mittelmäßige Bewertung für die Pfanne abgegeben. Durch eine Textanalyse der Bewertung versteht das System, dass Ihnen die Beschichtung der Pfanne wichtig ist und Sie Keramikbeschichtungen für besonders hochwertig halten. Es erkennt auch, welches Material für den Griff Sie bevorzugen. Basierend auf diesen Vorlieben sucht das System in verschiedenen Online-Shops nach einem optimal passenden Angebot – und berücksichtigt dabei sogar die CO-Bilanz des Versands, weil es erkennt, dass diese Ihnen wichtig ist. Es verhandelt schließlich automatisiert mit dem Verkäufer und erzielt dabei einen Rabatt – weil es weiß, dass Sie bereit sind, per Bankeinzug zu bezahlen und nicht per Kreditkarte. Am Ende müssen Sie nur einmal auf den Touchscreen tippen, und die Transaktion ist abgeschlossen.

Das klingt einfach und reibungslos – und das sollte es auch sein. Eine solche Transaktion ist einerseits schneller und bequemer, als wenn Sie sich selbst auf die Suche nach der perfekten Pfanne gemacht hätten. Gleichzeitig ist das Ergebnis besser, weil das System mehr Varianten berücksichtigt und mehr Angebote gesichtet hat, als Sie selbst es könnten. Das liegt zum einen daran, dass ein digitaler ShoppingAssistent (im Gegensatz zu uns Menschen) nicht ermüdet. Er lässt sich – sofern er neutral programmiert ist – auf seiner Suche nach dem perfekten Match auch nicht von einem angeblichen Schnäppchenpreis ablenken (»Nur heute 30 Prozent billiger!«), und er fällt weder seiner eigenen Voreingenommenheit noch einem cleveren Marketing zum Opfer.

Datenreichtum bedeutet nicht die Abschaffung des Geldes. Natürlich werden wir weiterhin Geld verwenden, um zu bezahlen. Aber Geld wird viel von seiner informationellen Rolle einbüßen. An seine Stelle werden vielfältige und umfassende Informationsflüsse treten. Sobald wir uns nicht mehr vor allem durch Preise auf Märkten informieren, erweitert das unsere Perspektive am Markt. Bessere Passgenauigkeit von Angebot und Nachfrage, effizientere Transaktionen und weniger Tricks auf den Marktplätzen werden die Folgen sein.

Aus Daten lernende Systeme (zurzeit oft mit dem Label »künstliche Intelligenz« versehen) können uns helfen, in diesen datenreichen Märkten optimale Transaktionspartner zu finden. Wir Menschen werden am Ende aber immer die Entscheidungshoheit behalten. Noch präziser: Wir werden immer das letzte Wort darüber haben, wie viel oder wie wenig unserer Entscheidungen wir an digitale Assistenten delegieren wollen. Die Frage, bei welchem Online-Dienst wir das Taxi bestellen, überlassen wir dann entspannt unserem lernenden System. Mit welchem Stellenangebot hingegen wir uns aus den Optionen näher beschäftigen wollen, die unser künstlich intelligenter Berater für uns zusammengestellt hat, werden wir auch in Zukunft selber entscheiden.

Gegen diese neuen datenreichen Märkte haben konventionelle, auf Preis fokussierte Märkte keine Chance. Umfassende Informationen bedeuten einfach zu viel an Verbesserung und Effizienzgewinn. Und datenreiche Märkte leisten endlich, was theoretisch schon immer die Stärke von Märkten war, aber in der Praxis oft an Informationsarmut oder Unfähigkeit im Umgang mit Informationen scheiterte: optimale Transaktionen.

Die Vorteile dieses Wandels werden sich auf jeden Markt auswirken. Wir werden sie im Einzelhandel und in der Reisebranche ebenso sehen wie im Bankwesen und im Investmentsektor. Datenreiche Märkte werden die Häufigkeit von irrationalen Entscheidungen stark verringern – wie beim verrücktspielenden Aktienkurs von Yahoo –, und der Markt wird seltener versagen – wie bei Investitionsblasen, die in traditionellen Märkten oft auf falschen oder falsch verstandenen Informationen basieren. Die verheerende Wirkung eines solchen Marktversagens durch falschen Umgang mit Informationen konnten wir in der Subprime-Immobilienkrise beobachten. Wir haben sie mit der Dotcom-Blase 2001 erlebt, aber auch schon zuvor bei unzähligen Katastrophen, von denen geldbasierte Märkte in den letzten Jahrhunderten heimgesucht wurden. Mit umfassenden Daten am Markt werden diese wirtschaftlichen Desaster seltener und geringeren Schaden anrichten.

Der Datenkapitalismus wird alle Märkte umkrempeln: sei es der Strommarkt, wo strukturelle Ineffizienzen die großen Versorger bereichern und die Verbraucher Milliarden kosten, seien es die Transport- oder Logistikbranche, das Gesundheitswesen oder die Arbeitsmärkte. Bei Letzteren ließe sich endlich das künstliche Konstrukt aus Aufgaben und Lohn aufbrechen, das sich heute Vollzeitstelle nennt. Stattdessen hätten Menschen die Möglichkeit, sich individuelle Pakete aus einzelnen Aufgaben und Vergütungen zu schnüren. Im Bildungswesen können wir datenreiche Märkte nutzen, um Lehrer, Schüler und Schulen besser zu »matchen«. Das übergeordnete Ziel ist bei all diesen Beispielen dasselbe: über das »gut genug« der konventionellen Märkte hinauszugehen und ganz bewusst auf Perfektion zu zielen, nicht nur weil wir mehr für das bekommen, was wir anbieten, sondern weil wir mit unseren Entscheidungen dann zufriedener sein werden und durch einen besseren Einsatz der Ressourcen nachhaltiger wirtschaften und leben. Das ist die Voraussetzung für eine gerechtere Verteilung von Chancen und Gütern.

Der Hauptunterschied zwischen konventionellen und datenreichen Märkten ist die Rolle der vorhandenen Informationen und wie Marktteilnehmer diese Informationen für ihre Entscheidungen nutzen. In datenreichen Märkten müssen wir unsere Vorlieben und Wünsche nicht länger zu einem Preis verdichten – eine Vereinfachung, die bislang aufgrund von kommunikativen und kognitiven Einschränkungen erforderlich war. Das wiederum erlaubt es, die großen Vorteile dezentraler Entscheidungen (nämlich Stabilität und Belastbarkeit) mit einer erheblich gesteigerten Effizienz zu verbinden. Hierfür müssen wir jedoch neue Wege finden, wie die Marktteilnehmer an Informationen gelangen und diese verarbeiten. Das ist der Hebel, der es uns ermöglicht, geldbasierte zu datenreichen Märkten aufzuwerten. Die Idee, dass freier Datenfluss eine Grundvoraussetzung für eine Verbesserung der Märkte ist, ist nicht neu. Der MIT-Professor Thomas Malone und seine Kollegen beschrieben sie bereits 1987 mit dem Schlagwort »elektronische Märkte«7, aber erst heute sind die technischen Voraussetzungen gegeben, diese frühe Vision zur ökonomischen Wirklichkeit werden zu lassen.

Die Einführung von datenreichen Märkten hängt dabei nicht allein vom Fortschritt und den Kapazitäten im Bereich der Datenverarbeitung und der Netzwerktechnologie ab. Natürlich nimmt die Menge an Informationen mit datenreichen Märkten erheblich zu. Der Netzwerkanbieter Cisco geht davon aus, dass der Internetverkehr noch bis mindestens2021 über 20 Prozent jährlich wachsen wird. Das entspricht einer Steigerung von atemberaubenden 9300 Prozent in einem Zeitraum von etwas mehr als zehn Jahren. Auch die Verarbeitungsleistung hat dramatisch zugenommen: Wir messen die Rechenleistung heutiger PCs in Billionen Rechenoperationen pro Sekunde.

Doch diese technischen Fortschritte sind bloß eine notwendige, aber keine hinreichende Voraussetzung für datenreiche Märkte. Das Entscheidende ist nicht, die Dinge schneller zu erledigen, sondern sie grundlegend anders zu machen. In unserer datenreichen Zukunft kommt es weniger darauf an, wie schnell wir Informationen verarbeiten, sondern wie gut und wie tiefgreifend wir diese verstehen. Selbst wenn wir die Kommunikationsgeschwindigkeit eines traditionellen Markts auf Millisekunden erhöhen (wie wir es beim Hochfrequenzhandel von Aktien getan haben), gründen die Entscheidungen weiter auf der Vereinfachung des Preises. Den Durchbruch auf dem Weg zu datenreichen Märkten bringen Innovationen in drei Bereichen: das kostengünstige Teilen von vielseitigen, aber standardisierten Daten über Güter und Präferenzen mit Hilfe von Ontologien und Metadaten, die verbesserte Fähigkeit, optimale Transaktionen auf Grundlage zahlreicher Dimensionen zu erkennen, sowie eine anspruchsvolle, aber gleichzeitig einfache Methode, unsere Vorlieben und Bedürfnisse ausführlich zu erfassen.

Wenn wir Informationen auf einem Markt sammeln, müssen wir sicherstellen, dass wir alle relevanten Daten über ein bestimmtes Angebot bekommen und diese mit unseren Präferenzen abgleichen können, um so die bestmöglichen Transaktionspartner zu ermitteln. Die reinen Daten alleine reichen hierfür nicht. Wir müssen auch verstehen, was diese Daten beschreiben, sonst vergleichen wir Äpfel mit Birnen. Dank einer Reihe technischer Durchbrüche ist das inzwischen erheblich einfacher als früher. Denken Sie nur an die Funktion auf Ihrem Smartphone, mit der Sie Ihre Fotos danach durchsuchen können, was darauf zu sehen ist – etwa Personen, Strandfotos oder Hunde. Das Konzept dieser intelligenten Suchfunktionen in Ihrer Fotogalerie lässt sich auf Markttransaktionen übertragen und verfeinern.

(Continues…)



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Table of Contents

Über das Buch und die Autoren,
Titelseite,
Impressum,
1 DATENKAPITALISMUS Anmerkungen zum Kapitel,
2 KOORDINATION Anmerkungen zum Kapitel,
3 MÄRKTE Anmerkungen zum Kapitel,
4 DATENREICHTUM Anmerkungen zum Kapitel,
5 UNTERNEHMEN Anmerkungen zum Kapitel,
6 AUTOMATISIERUNG Anmerkungen zum Kapitel,
7 GELD Anmerkungen zum Kapitel,
8 FEEDBACK Anmerkungen zum Kapitel,
9 ARBEIT Anmerkungen zum Kapitel,
10 FREIHEIT Anmerkungen zum Kapitel,
DANKSAGUNG,
Feedback an den Verlag,
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