Deliverance Revisited: Der Triumph von Trump, die liberalen Eliten und die weiße Zombie-Arbeiterklasse
Die Ursachenforschung nach dem für viele Beobachter überraschenden Wahlsieg von Donald Trump 2016 nannte als einen der zentralen Gründe den „Aufstand" der sogenannten weißen Arbeiterklasse. In seinem Essay argumentiert Leon Fink, einer der anerkanntesten Arbeitshistoriker der Vereinigten Staaten, dass der häufig beschworene Wählerumschwung bei der Wahl von Trump seine Wurzeln keineswegs in einem globalen Trend zur Anti-Politik oder in einem plötzlichen Rechtsruck hatte. Dieser Umschwung sei vielmehr das Resultat eines Transformationsprozesses, der in den USA bereits in den späten 1960er Jahren eingesetzt habe. Fink formuliert zwei zentrale Einwände, um die These von der entscheidenden Bedeutung des von der weißen Arbeiterklasse verursachten „Erdbebens" von 2016 ein wenig einzugrenzen. So hätten, lautet der erste Einwand, die Stimmen der weißen Arbeiter keinen derartigen Unterschied gemacht, wäre die Basis der multi-kulturellen Obama-Koalition von 2012 vier Jahre später nicht klar geschwächt gewesen, hätte also Hilary Clinton nicht so viele Wähler unter den Afroamerikanern, Latinos und Menschen asiatischer Herkunft verloren. Der zweite Einwand besagt, dass die Demokratische Partei bereits seit geraumer Zeit ihre Wählerbasis unter den weißen Arbeitern verloren hat. Bereits in den Jahren zwischen 1968 und 1980 habe die weiße Arbeiterklasse mit ihrem vermeintlich sozialdemokratischen Erbe gebrochen. Der Partei von Franklin Delano Roosevelt sei es über die Jahre nicht gelungen, sich an die Herausforderungen einer im Wandel begriffenen Weltwirtschaft anzupassen - es gab keine Industriepolitik, keine effektive Eingrenzung der Finanzialisierung, keine Verbesserung der Lebensqualität für die meisten Familien in den Bereichen Bildung, Gesundheitsversorgung oder Kinderbetreuung -, wodurch den Demokraten die Loyalität eines großen Teils ihrer langjährigen Anhängerschaft unter weißen, männlichen Arbeitern verloren ging. Überdies hat sich, so Fink, seit den 1960er Jahren der Charakter der Arbeiterklasse radikal verändert und von der industriellen Produktion in Richtung Dienstleistungssektor verschoben. Finks Essay ist nicht zuletzt ein Plädoyer dafür, die Arbeitsforschung nicht in die gerade angesagte Geschichte des Kapitalismus aufgehen zu lassen, sondern weiterhin eine Sozialgeschichte arbeitender Menschen zu betreiben.

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Deliverance Revisited: Der Triumph von Trump, die liberalen Eliten und die weiße Zombie-Arbeiterklasse
Die Ursachenforschung nach dem für viele Beobachter überraschenden Wahlsieg von Donald Trump 2016 nannte als einen der zentralen Gründe den „Aufstand" der sogenannten weißen Arbeiterklasse. In seinem Essay argumentiert Leon Fink, einer der anerkanntesten Arbeitshistoriker der Vereinigten Staaten, dass der häufig beschworene Wählerumschwung bei der Wahl von Trump seine Wurzeln keineswegs in einem globalen Trend zur Anti-Politik oder in einem plötzlichen Rechtsruck hatte. Dieser Umschwung sei vielmehr das Resultat eines Transformationsprozesses, der in den USA bereits in den späten 1960er Jahren eingesetzt habe. Fink formuliert zwei zentrale Einwände, um die These von der entscheidenden Bedeutung des von der weißen Arbeiterklasse verursachten „Erdbebens" von 2016 ein wenig einzugrenzen. So hätten, lautet der erste Einwand, die Stimmen der weißen Arbeiter keinen derartigen Unterschied gemacht, wäre die Basis der multi-kulturellen Obama-Koalition von 2012 vier Jahre später nicht klar geschwächt gewesen, hätte also Hilary Clinton nicht so viele Wähler unter den Afroamerikanern, Latinos und Menschen asiatischer Herkunft verloren. Der zweite Einwand besagt, dass die Demokratische Partei bereits seit geraumer Zeit ihre Wählerbasis unter den weißen Arbeitern verloren hat. Bereits in den Jahren zwischen 1968 und 1980 habe die weiße Arbeiterklasse mit ihrem vermeintlich sozialdemokratischen Erbe gebrochen. Der Partei von Franklin Delano Roosevelt sei es über die Jahre nicht gelungen, sich an die Herausforderungen einer im Wandel begriffenen Weltwirtschaft anzupassen - es gab keine Industriepolitik, keine effektive Eingrenzung der Finanzialisierung, keine Verbesserung der Lebensqualität für die meisten Familien in den Bereichen Bildung, Gesundheitsversorgung oder Kinderbetreuung -, wodurch den Demokraten die Loyalität eines großen Teils ihrer langjährigen Anhängerschaft unter weißen, männlichen Arbeitern verloren ging. Überdies hat sich, so Fink, seit den 1960er Jahren der Charakter der Arbeiterklasse radikal verändert und von der industriellen Produktion in Richtung Dienstleistungssektor verschoben. Finks Essay ist nicht zuletzt ein Plädoyer dafür, die Arbeitsforschung nicht in die gerade angesagte Geschichte des Kapitalismus aufgehen zu lassen, sondern weiterhin eine Sozialgeschichte arbeitender Menschen zu betreiben.

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Deliverance Revisited: Der Triumph von Trump, die liberalen Eliten und die weiße Zombie-Arbeiterklasse

Deliverance Revisited: Der Triumph von Trump, die liberalen Eliten und die weiße Zombie-Arbeiterklasse

by Leon Fink
Deliverance Revisited: Der Triumph von Trump, die liberalen Eliten und die weiße Zombie-Arbeiterklasse

Deliverance Revisited: Der Triumph von Trump, die liberalen Eliten und die weiße Zombie-Arbeiterklasse

by Leon Fink

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Die Ursachenforschung nach dem für viele Beobachter überraschenden Wahlsieg von Donald Trump 2016 nannte als einen der zentralen Gründe den „Aufstand" der sogenannten weißen Arbeiterklasse. In seinem Essay argumentiert Leon Fink, einer der anerkanntesten Arbeitshistoriker der Vereinigten Staaten, dass der häufig beschworene Wählerumschwung bei der Wahl von Trump seine Wurzeln keineswegs in einem globalen Trend zur Anti-Politik oder in einem plötzlichen Rechtsruck hatte. Dieser Umschwung sei vielmehr das Resultat eines Transformationsprozesses, der in den USA bereits in den späten 1960er Jahren eingesetzt habe. Fink formuliert zwei zentrale Einwände, um die These von der entscheidenden Bedeutung des von der weißen Arbeiterklasse verursachten „Erdbebens" von 2016 ein wenig einzugrenzen. So hätten, lautet der erste Einwand, die Stimmen der weißen Arbeiter keinen derartigen Unterschied gemacht, wäre die Basis der multi-kulturellen Obama-Koalition von 2012 vier Jahre später nicht klar geschwächt gewesen, hätte also Hilary Clinton nicht so viele Wähler unter den Afroamerikanern, Latinos und Menschen asiatischer Herkunft verloren. Der zweite Einwand besagt, dass die Demokratische Partei bereits seit geraumer Zeit ihre Wählerbasis unter den weißen Arbeitern verloren hat. Bereits in den Jahren zwischen 1968 und 1980 habe die weiße Arbeiterklasse mit ihrem vermeintlich sozialdemokratischen Erbe gebrochen. Der Partei von Franklin Delano Roosevelt sei es über die Jahre nicht gelungen, sich an die Herausforderungen einer im Wandel begriffenen Weltwirtschaft anzupassen - es gab keine Industriepolitik, keine effektive Eingrenzung der Finanzialisierung, keine Verbesserung der Lebensqualität für die meisten Familien in den Bereichen Bildung, Gesundheitsversorgung oder Kinderbetreuung -, wodurch den Demokraten die Loyalität eines großen Teils ihrer langjährigen Anhängerschaft unter weißen, männlichen Arbeitern verloren ging. Überdies hat sich, so Fink, seit den 1960er Jahren der Charakter der Arbeiterklasse radikal verändert und von der industriellen Produktion in Richtung Dienstleistungssektor verschoben. Finks Essay ist nicht zuletzt ein Plädoyer dafür, die Arbeitsforschung nicht in die gerade angesagte Geschichte des Kapitalismus aufgehen zu lassen, sondern weiterhin eine Sozialgeschichte arbeitender Menschen zu betreiben.


Product Details

ISBN-13: 9783110634280
Publisher: De Gruyter
Publication date: 07/08/2019
Series: Re:work Lectures , #2
Pages: 54
Product dimensions: 6.10(w) x 9.06(h) x (d)
Language: German
Age Range: 18 Years

About the Author

Leon Fink, University of Illinois, Chicago
From the B&N Reads Blog

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