Eigendynamische Bürgerkriege: Von der Persistenz und Endlichkeit innerstaatlicher Gewaltkonflikte
Auch im 21. Jahrhundert wird die Welt von lang anhaltenden Bürgerkriegen erschüttert - das aktuellste Beispiel ist der nicht enden wollende Bürgerkrieg in Syrien. Bis zu Beginn der 1990er Jahre wurden diese innerstaatlichen Kriege zumeist als politisch motivierte Gewaltkonflikte oder Stellvertreterkriege angesehen. Danach setzen sich mit Ende des Kalten Krieges und unter dem Eindruck des Genozids in Ruanda sowie des Bosnienkrieges neue Erklärungsansätze durch, die die flächendeckende Gewalt primär auf Habgiermotive oder traditionelle ethnische Feindschaften zurückführen. Gegen diese schablonenhaften Deutungsmuster entfaltet Stefan Deißler eine Perspektive, die der vielschichtigen Komplexität des Phänomens Bürgerkrieg näher kommt. Ohne die tragende Rolle der ethnischen, ökonomischen oder politischen sozialen Gruppen zu vernachlässigen, rückt der Autor die kriegführenden Organisationen selbst in den Fokus und unterzieht die Beziehungen zwischen Kombattanten und Zivilisten einer kritischen Betrachtung. Unter Rekurs auf den seit über 50 Jahren währenden Konflikt in Kolumbien und weitere Beispiele weist er nach, dass die selbst ernannten Repräsentanten unterschiedlicher Bevölkerungsgruppen oftmals mit brutaler Gewalt die Kooperation der "Repräsentierten" erzwingen und dass die Bedürfnisse und Interessen der Zivilbevölkerung während der Dauer derartiger Konflikte weitgehend unberücksichtigt bleiben. Zugleich wird ersichtlich, welcher fatalen Logik das Kriegsgeschehen in vielen Fällen folgt: Zahlreiche innerstaatliche Kriege werden durch immanente Eigendynamiken angetrieben. Die Kriegsparteien nötigen sich wechselseitig zur Fortsetzung des Konflikts oder schaffen kollektiv einen strukturellen Zwang zur kontinuierlichen Wiederholung der Kriegshandlungen. Diese Dynamik zu durchbrechen, ist eine der großen Herausforderungen für die gegenwärtigen Friedensinitiativen.
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Eigendynamische Bürgerkriege: Von der Persistenz und Endlichkeit innerstaatlicher Gewaltkonflikte
Auch im 21. Jahrhundert wird die Welt von lang anhaltenden Bürgerkriegen erschüttert - das aktuellste Beispiel ist der nicht enden wollende Bürgerkrieg in Syrien. Bis zu Beginn der 1990er Jahre wurden diese innerstaatlichen Kriege zumeist als politisch motivierte Gewaltkonflikte oder Stellvertreterkriege angesehen. Danach setzen sich mit Ende des Kalten Krieges und unter dem Eindruck des Genozids in Ruanda sowie des Bosnienkrieges neue Erklärungsansätze durch, die die flächendeckende Gewalt primär auf Habgiermotive oder traditionelle ethnische Feindschaften zurückführen. Gegen diese schablonenhaften Deutungsmuster entfaltet Stefan Deißler eine Perspektive, die der vielschichtigen Komplexität des Phänomens Bürgerkrieg näher kommt. Ohne die tragende Rolle der ethnischen, ökonomischen oder politischen sozialen Gruppen zu vernachlässigen, rückt der Autor die kriegführenden Organisationen selbst in den Fokus und unterzieht die Beziehungen zwischen Kombattanten und Zivilisten einer kritischen Betrachtung. Unter Rekurs auf den seit über 50 Jahren währenden Konflikt in Kolumbien und weitere Beispiele weist er nach, dass die selbst ernannten Repräsentanten unterschiedlicher Bevölkerungsgruppen oftmals mit brutaler Gewalt die Kooperation der "Repräsentierten" erzwingen und dass die Bedürfnisse und Interessen der Zivilbevölkerung während der Dauer derartiger Konflikte weitgehend unberücksichtigt bleiben. Zugleich wird ersichtlich, welcher fatalen Logik das Kriegsgeschehen in vielen Fällen folgt: Zahlreiche innerstaatliche Kriege werden durch immanente Eigendynamiken angetrieben. Die Kriegsparteien nötigen sich wechselseitig zur Fortsetzung des Konflikts oder schaffen kollektiv einen strukturellen Zwang zur kontinuierlichen Wiederholung der Kriegshandlungen. Diese Dynamik zu durchbrechen, ist eine der großen Herausforderungen für die gegenwärtigen Friedensinitiativen.
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by Stefan Deißler
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Auch im 21. Jahrhundert wird die Welt von lang anhaltenden Bürgerkriegen erschüttert - das aktuellste Beispiel ist der nicht enden wollende Bürgerkrieg in Syrien. Bis zu Beginn der 1990er Jahre wurden diese innerstaatlichen Kriege zumeist als politisch motivierte Gewaltkonflikte oder Stellvertreterkriege angesehen. Danach setzen sich mit Ende des Kalten Krieges und unter dem Eindruck des Genozids in Ruanda sowie des Bosnienkrieges neue Erklärungsansätze durch, die die flächendeckende Gewalt primär auf Habgiermotive oder traditionelle ethnische Feindschaften zurückführen. Gegen diese schablonenhaften Deutungsmuster entfaltet Stefan Deißler eine Perspektive, die der vielschichtigen Komplexität des Phänomens Bürgerkrieg näher kommt. Ohne die tragende Rolle der ethnischen, ökonomischen oder politischen sozialen Gruppen zu vernachlässigen, rückt der Autor die kriegführenden Organisationen selbst in den Fokus und unterzieht die Beziehungen zwischen Kombattanten und Zivilisten einer kritischen Betrachtung. Unter Rekurs auf den seit über 50 Jahren währenden Konflikt in Kolumbien und weitere Beispiele weist er nach, dass die selbst ernannten Repräsentanten unterschiedlicher Bevölkerungsgruppen oftmals mit brutaler Gewalt die Kooperation der "Repräsentierten" erzwingen und dass die Bedürfnisse und Interessen der Zivilbevölkerung während der Dauer derartiger Konflikte weitgehend unberücksichtigt bleiben. Zugleich wird ersichtlich, welcher fatalen Logik das Kriegsgeschehen in vielen Fällen folgt: Zahlreiche innerstaatliche Kriege werden durch immanente Eigendynamiken angetrieben. Die Kriegsparteien nötigen sich wechselseitig zur Fortsetzung des Konflikts oder schaffen kollektiv einen strukturellen Zwang zur kontinuierlichen Wiederholung der Kriegshandlungen. Diese Dynamik zu durchbrechen, ist eine der großen Herausforderungen für die gegenwärtigen Friedensinitiativen.

Product Details

ISBN-13: 9783868546675
Publisher: Hamburger Edition HIS
Publication date: 03/07/2016
Sold by: Bookwire
Format: eBook
Pages: 368
File size: 2 MB
Language: German

About the Author

Stefan Deißler, Dr. disc. pol., studierte zunächst Maschinenbau an der Universität Karlsruhe, danach Soziologie und Philosophie an der Georg-August-Universität Göttingen. Die vorliegende Arbeit wurde mit dem Friedrich-Christoph-Dahlmann-Preis für die beste Dissertation des Promotionsstudienganges Sozialwissenschaften ausgezeichnet. Stefan Deißler lebt und arbeitet in London.

Table of Contents

Einleitung I Charakteristika des Bürgerkriegs Kriegerische Gewalt Staatsbezogenheit und Innerstaatlichkeit Soziale Spaltung Wesentliche und unwesentliche Merkmale des Bürgerkriegs Bürgerkriege versus "innere Kriege" Bürgerkriege versus "neue Kriege" II Eigendynamische soziale Prozesse Charakteristische Merkmale und Genese Permanenz und Kollaps Konstellationszwänge als Movens der Eigendynamik Wie man eigendynamische Qualitäten nachweist III Zirkuläre Bürgerkriegsdynamiken in der Literatur Der Bürgerkrieg als "Motor seiner selbst" Der Guerillakrieg als Teufelskreis von Repression und Rebellion Das security dilemma als Triebfeder ethnopolitischer Konflikte Gewaltmärkte mit Selbststabilisierungstendenzen Plädoyer für einen Perspektivwechsel IV Eine makrosoziologische Perspektive auf den Bürgerkrieg Die Elemente bürgerkriegstypischer Konstellationen und Strukturen Militärische Organisationen Konfliktive, koerzive und kooperative soziale Beziehungen Soziale Gruppen und Gemeinschaften Fragmentierte Gesellschaften und Staaten Die Unterscheidung von Konstellation und Struktur Die mechanismische Reproduktion bürgerkriegstypischer Strukturen Mechanismische Erklärungen uniformen Handelns Mechanismische Erklärungen organisierten Handelns Der imperativische Modus der Reproduktion bürgerkriegstypischer Strukturen Immanuel Kants hypothetischer Imperativ Mit Andrew Abbott vom hypothetischen zum strukturellen Imperativ Erklären mit strukturellen Imperativen V Die Eigendynamik des revolutionären Guerillakriegs Protagonisten Guerillaorganisationen Staatliche Streitkräfte Milizen und paramilitärische Organisationen Die rurale Zivilbevölkerung Die triadische Konstellation des Guerillakriegs Handlungsmuster Guerillataktiken (guerrilla warfare) Aufstandsbekämpfung (counterinsurgency) Maßnahmen zur Beeinflussung der Bevölkerung Reaktionen der Zivilbevölkerung Die Struktur des Guerillakriegs Die eigendynamische Reproduktion der Struktur Strukturelle Imperative des Guerillakriegs Reaktionsmechanismen der ZivilistInnen Die eigendynamischen Qualitäten des Guerillakriegs Kriegsverlängernde und kriegsverkürzende Struktureffekte VI Die Eigendynamik des ethnisierten Sezessionskriegs Protagonisten Ethnopolitische Militärorganisationen Ethnische Gruppen Die Konstellation des ethnisierten Sezessionskriegs Handlungsmuster Konventionelle Kriegführung Interethnischer Terror Innerethnische Repression Reaktionen der Zivilbevölkerung Die Gesamtstruktur des ethnisierten Sezessionskriegs Die eigendynamische Reproduktion der Struktur Die mechanismische Reproduktion der uniformen Handlungsmuster Die mechanismische Reproduktion des organisierten Gewalthandelns Kriegsverlängernde und kriegsverkürzende Struktureffekte VII Eigendynamik und Persistenz des andauernden innerstaatlichen Krieges in Kolumbien Protagonisten Die Guerillaorganisation FARC Die Guerillaorganisation ELN Die staatlichen Streitkräfte und Sicherheitsorgane Paramilitärische Organisationen Kolumbiens Landbevölkerung Die Gesamtkonstellation Handlungsmuster Die Praktiken des Guerillakriegs Die Praktiken der Bürgerkriegsökonomie Die hybride Struktur des conflicto armado Eigendynamische Qualitäten Die Reproduktion der Akteurskonstellation VIII Ergebnisse und Impulse Abkürzungsverzeichnis Abbildungsverzeichnis Literatur Dank Zum Autor
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