Ein Mensch namens Luther: Vom Geheimnis der Wandlung

Ein Mensch namens Luther: Vom Geheimnis der Wandlung

by Georg Gremels
Ein Mensch namens Luther: Vom Geheimnis der Wandlung

Ein Mensch namens Luther: Vom Geheimnis der Wandlung

by Georg Gremels

eBook1., Auflage (1., Auflage)

$10.55 

Available on Compatible NOOK devices, the free NOOK App and in My Digital Library.
WANT A NOOK?  Explore Now

Related collections and offers


Overview

Wittenberg, den 31.10.1517: Mit seinem Thesenanschlag stößt der Mönch Martin Luther das Tor zur Freiheit auf. Gefangen im Gefüge mittelalterlicher Frömmigkeit, lassen ihn dumpfe Unterwerfung und verzweifelter Gehorsam auf dem Weg zu Gott scheitern. Da entdeckt er, wie Gott sich umgekehrt auf den Weg zu ihm macht: Ihm glauben, seine Liebe annehmen - das ist der neue Weg evangelischer, fröhlicher Freiheit. Luthers lebendige Gotteserfahrung setzt in ihm ungeahnte Energien frei, die sein ganzes Leben verwandeln. In Briefen an einen kritischen Zeitgenossen macht der Theologe und Naturwissenschaftler Dr. Georg Gremels seine Leser mit der kraftvollen Spiritualität Luthers bekannt. Denn er ist davon überzeugt: Im Siegeszug der Befreiungen, die Luthers Durchbruch folgten, gerät der neuzeitliche Mensch in Gefahr, sich sogar von Gott zu befreien. Wie man Gott als Kraftquelle und verwandelnde Wirklichkeit in sich entdecken kann, buchstabiert Gremels in diesem Buch durch: Eine unverzichtbare Lektüre für alle, die sich nicht vor kritischen Fragen scheuen.

Georg Gremels studierte Chemie und Theologie. Er arbeitete als Vikar in Kolumbien, als Pastor bei Eschwege und als Volksmissionar im Ev.-Luth. Missionswerk (ELM). 1992 promovierte er zum Doktor der Theologie und war danach mit leitender Verantwortung in der Deutschlandarbeit des ELM engagiert. Seit 2013 verbringt er seinen Ruhestand in Hermannsburg.

Product Details

ISBN-13: 9783868278033
Publisher: Francke-Buch
Publication date: 01/01/2016
Sold by: CIANDO
Format: eBook
Pages: 320
File size: 758 KB
Language: German

About the Author

Georg Gremels studierte Chemie und Theologie. Er arbeitete als Vikar in Kolumbien, als Pastor bei Eschwege und als Volksmissionar im Ev.-Luth. Missionswerk (ELM). 1992 promovierte er zum Doktor der Theologie und war danach mit leitender Verantwortung in der Deutschlandarbeit des ELM engagiert. Seit 2013 verbringt er seinen Ruhestand in Hermannsburg.

Read an Excerpt

1. Brief Ein Mann zwischen Grobheit und Zartgefühl Lieber Christian, die jüngste Zeit war ja turbulent genug und verspricht – der Strom der Flüchtlinge will nicht abreißen – noch turbulenter zu werden. Großartig, wie viele sich engagieren, um die Asylsuchenden zu integrieren. Doch gestatte mir einen Blick zurück. Dieses neue Jahrtausend nach Christus ist ernster geworden seit jenem elften September 2001 in New York. Schlagartig wurde offensichtlich, wie verletzlich unsere wissenschaftlich-technische Hochkultur ist. Im Hochland von Afghanistan dagegen hätte die Explosion zweier von Terroristen platzierter Bomben wenig zerstören können. Aber die komplexen Gebilde der wissenschaftlich-technischen Zivilisation sind durch Vernichtungsschläge hoch gefährdet, seien es Naturkatastrophen oder terroristische Gewaltakte. Ist es nicht so? Wir wähnten uns in Sicherheit und Frieden. Aber durch den Islamischen Staat sehen wir uns mit einem Krieg konfrontiert, der deswegen so unheimlich ist, weil er mit „Schläfern“ und unsichtbaren Gegnern auch inmitten unseres Landes keine Grenzen kennt. Du fragtest mich neulich, wieso ich mich angesichts dieser bedrängenden Situation mit nun inzwischen fünfhundert Jahre alten Dingen beschäftige. Müsste ich mich nicht zeitgemäßeren Fragen zuwenden, statt mich auf Leben und Denken eines Mannes namens Martin Luther zu konzentrieren? Du könnest Dir gar nicht vorstellen, wie dieses für unser gegenwärtiges Leben relevant sein solle. Seinerzeit haben wir verabredet, ich solle Dich in unserem Briefwechsel von der Aktualität dieses Luthers überzeugen. Im Gegenzug dazu wollest Du Dich darauf ernsthaft einlassen! Und das, obwohl Du betontest, dass Dir sowohl das Christentum als auch dieser Reformator weiterhin verdächtig seien. Deswegen würdest Du Deine Kritik, Deine Fragen, Zweifel und Einwände frei heraus äußern. Da solle ich mir keine Sorgen machen. Wir schieden mit der Frage, was für ein „Menschentyp“ dieser Luther wohl gewesen sein möge. Aufs Erste gesehen antworte ich: Er war ein Mensch voller Ecken und Kanten! Er war ein anstößiger Mensch. Ja mehr noch: Oftmals vermittelt er den Eindruck, er wolle mit aller Gewalt ein anstößiger Mensch sein. Ich beginne daher mit seinem „Grobianismus“. Du siehst, die Lutherforschung hat dazu eigens einen Fachbegriff entwickelt. Grobe Schimpfworte, Verteufelungen und Verunglimpfungen seiner Gegner gehören zu seinem Alltagsrepertoire. Nun äußerten sich die meisten Menschen jener Zeit rauer und rücksichtsloser, als wir es heute tun. Vieles vom damals Üblichen gehört für uns heute zur Sprache der Gasse und Gosse. Wie Luther mit dem guten Erasmus, einem gelehrten, feinsinnigen Humanisten umgeht, ist vom gegenwärtigen Standpunkt aus gesehen wahrlich keine feine Art. Und als er den ehrenwerten Zwingli beschimpfte, überschritt er die Grenzen von Anstand und Geschmack. Es gehört sich nach unserem Empfinden einfach nicht, so mit seinem Gegner umzuspringen, selbst wenn Luther für sich in Anspruch nahm, nichts als die Wahrheit, die reine Wahrheit zu vertreten und zu verteidigen. Von seinen Äußerungen über Bauern und Juden ganz und gar zu schweigen! Doch beurteile selbst seine Schrift Wider Hans Worst (1541), in der es um einen Streit zwischen Herzog Heinrich von Braunschweig und Luthers Kurfürst Johann Friedrich von Sachsen ging, in dem sich Luther angegriffen fühlte. Offensichtlich ging Heinrich von Braunschweig nicht gerade sanft mit Luther um, denn der schildert dessen Vorwürfe so (WA 51, 469): „Zuerst schreibt er (Heinrich), ich habe meinen gnädigsten Herrn (Kurfürst Johann Friedrich) Hans Wurst genannt. Danach greift er die ganze Hauptsache des Glaubens an, wo ich mich doch als einer ihrer vornehmsten Lehrer in dieser Zeit bekennen muss. Da flucht, lästert, plärrt, zerrt, schreit und speit er. Derart (tritt er auf), dass – wenn solche Worte mündlich von ihm gehört würden – alle mit Ketten und Stangen zusammenlaufen würden wie bei einem mit einer Legion Teufel (wie der im Evangelium) Besessenen, um ihn zu binden und zu fangen.“ Doch weiß sich Luther wohl zu wehren (WA 51, 471): „Ja, weil dein Heinz und Du (?) solche grobe Tölpel seid, dass ihr meint, mir sollte in diesen Sachen mit einer solch faulen, lahmen Zote geschadet werden können oder euch dadurch ein Vorteil entstünde: so seid ihr beiden die wirklichen Hanswurste, Tölpel, Bengel und Flegel (wörtlich: knebel und rültze). ... Aber meint, was ihr wollt und macht euch dabei in die Hosen und hängt sie euch danach um den Hals, machet euch einen Schlemmerbissen davon und fresst es auf, ihr groben Esel und Säue!“ Du wirst mir zustimmen: Allein dieser Abschnitt hat es in sich. Nicht nur Luthers Sprache war grob. Grob waren auch viele seiner Aktionen. Musste er ausgerechnet im Bauernkrieg aufseiten der Fürsten stehen? Während diese im Blut der Aufständischen wateten, drosch er auf die armen Bauern mit seiner Schrift Wider die mörderischen und räuberischen Rotten der Bauern ein. Und musste er ausgerechnet in dieser Zeit Hochzeit halten? So schreibt er: „‚Und kann ich’s schicken, dem Teufel zum Trotz, will ich meine Käthe noch zur Ehe nehmen, ehe denn ich sterbe, wo ich höre, dass sie die Bauern fortführen. Ich hoffe, sie sollen mir doch nicht meinen Mut und meine Freude nehmen.‘“ Nein, das nenne ich politisch unklug und menschlich geschmacklos gehandelt. Seine Streitlust scheint – aus dem Abstand heraus gesehen – schier unstillbar. Nicht nur gegen die verfasste Kirche und den Papst, sondern gegen Humanisten, die Schweizer Reformierten und die vielen „Sekten und Rotten“ wettert er Sturm, Blitz und Donner. Dir zur Erklärung: Sekten und Rotten nennt er die schwärmerischen Bewegungen, die sich aus dem reformatorischen Aufbruch herauslösen. Dagegen versuchten immer wieder Mäßigere wie beispielsweise sein guter Philipp Melanchthon, ihn zu einer vorsichtigeren Gangart und zu Kompromissen zu bewegen. War doch die protestantische Sache bedroht genug. Aber darin fanden sie bei Luther wenig Unterstützung. So viele Ecken und Kanten kannst Du an ihm aufdecken, dass am Ende nur eines verwundert: Wie hat ein solch angreifbarer Mann eine so ungeheure Bewegung auslösen und ihr trotz allen Streits zukunftsfähige Formen aufprägen können? Oder ist es gar so, dass er in dieser heiligen Einseitigkeit und unheiligen Rücksichtslosigkeit alles andere zunichtemachen musste, um seine Bewegung zu sichern und zu retten? Was für ein widersprüchlicher Mann: Streitlust und Zartgefühl, theologischer Starrsinn und einfühlende Frömmigkeit in einer Person! Da muss doch noch anderes, Tieferes, Wesentlicheres an ihm zu entdecken sein! Damit meine ich nicht allein den begabten Bibelausleger und scharfsinnigen Theologen Luther. Sondern nun bin ich bei dem, was mich persönlich an Luther so fasziniert. Was ist die innere Mitte, die ihn treibende Kraft, die ihn bestimmende Grunderfahrung? Die Frage treibt mich seit Langem um. Mit den klassischen theologischen Antworten will ich mich allein nicht mehr zufriedengeben. Gewiss, Christian: In ihnen wird das längst Bekannte und durch Gewöhnung inzwischen nahezu unkenntlich Gewordene zwar vor Augen gestellt. Aber zugleich verstellen sie mir den Blick auf jede andere, tiefergehende Antwort bei Luther. Viele werden ein solches Dringen in die Tiefe über das Gewohnte hinaus anmaßend finden. Denn ich setze voraus, dass es so etwas bei dem Menschen Luther gibt: eine Wirklichkeit und Wahrheit, die seinen Lehren zugrunde liegt. Sein Leben dreht sich um mehr und hinter seiner Lehrtätigkeit steht mehr, als in seinen systematischen Begriffen und Gefechten unmittelbar zu Tage tritt. Ich suche also bei Luther nach der Wahrheit, die seine Person ausmacht, sie im Innersten zusammenhält. Im Gleichnis: Dem Mittelpunkt eines Kreises stehen die unendlich vielen Punkte auf seiner Peripherie gegenüber. Eine solche Wahrheit im Zentrum ist nicht einfach zu greifen, ja, dass ein Mensch – so doch auch Luther – sich ihrer gar nicht bewusst zu sein braucht und ihr dennoch folgen muss, sei vorweg festgehalten. Das andere habe ich natürlich indirekt mitgesagt: Auch für Dich und mich gilt, dass sich unser Leben um eine innere Mitte dreht. Aber weißt Du, worum sich Dein Leben dreht? Ist der Mittelpunkt, den Du auszumachen vermagst, wirklich der eigentliche? Und wie ist es bei mir? So viel kann ich Dir verraten: Je älter ich werde, desto mehr fügen sich Geschicke, Entscheidungen, Erlebnisse und Denkwege zusammen. Dahinter erahne ich meine zentrale Grundwahrheit mehr, als dass ich sie schon ausdenken oder ausdrücken könnte. Ich hoffe insgeheim, dass mir unser Briefwechsel auch zu meiner weiteren Selbstklärung verhilft. Eines möchte ich noch hinzufügen, damit Du nicht meinst, der Luther sei nur und immer ein grobschlächtiger, empfindungsloser Mensch gewesen. Derselbe grobe Luther konnte nach innen ein Mann voller Zartgefühl und Innigkeit sein. So schreibt er 1542 in einem Brief zum Tod seiner dreizehnjährigen Tochter Magdalena (Ihlenfeld 62): „‚Mir ist mein Töchterlein Lenichen hinweggegangen zum himmlischen Vater, sie ist in vollem Glauben an Christum entschlummert. Des väterlichen Schmerzes im Herzen bin ich Herr geworden, doch nur, indem ich gegen den Tod murrte und schalt. So hat Entrüstung meine Tränen gelindert. Ich habe sie sehr lieb gehabt. Aber der Tod wird am Jüngsten Tag seine Vergeltung empfangen zugleich mit dem, der ihn in die Welt gebracht hat. Meine Käthe grüßt euch, noch unter Schluchzen und das Auge noch vom Weinen nass.‘“ Auch seine Liederdichtungen zeugen von den zarten Seiten seines Gemüts (Evangelisches Gesangbuch 319): „Die beste Zeit im Jahr ist mein, da singen alle Vögelein, Himmel und Erden ist der voll, viel gut Gesang, der lautet wohl. Voran die liebe Nachtigall macht alles fröhlich überall mit ihrem lieblichen Gesang, des muss sie haben immer Dank. Viel mehr der liebe Herre Gott, der sie also geschaffen hat, zu sein die rechte Sängerin, der Musica ein Meisterin. Dem singt und springt sie Tag und Nacht, sein’s Lobes sie nichts müde macht; den ehrt und lobt auch mein Gesang und sagt ihm ein’ ewigen Dank.“ Diese vier Strophen dichtete der alte Luther 1538, als doch wegen des Fortgangs der Reformation vieles im Argen lag. Um seine Gesundheit war es gar nicht gut bestellt. Dennoch findet er diese zarten Töne! Nun will ich für heute schließen. Ich mache mir Sorgen, dass Du Dir wieder einmal zu viel vornimmst. Lass deshalb Deine Arbeit ab und zu liegen. Keine Angst, sie läuft Dir nicht weg und ein anderer macht sie ohnehin nicht für Dich! Diese Weisheit rief mir neulich unsere Raumpflegerin zu, als ich nach Arbeitsschluss mein Büro immer noch nicht verlassen hatte. Denk daran: Weniger tut es auch. Und vergiss nicht, mir bald zu schreiben. Dein Markus

From the B&N Reads Blog

Customer Reviews