Hagerstown: Thriller

Hagerstown: Thriller

Hagerstown: Thriller

Hagerstown: Thriller

eBook1. Auflage (1. Auflage)

$9.99 

Available on Compatible NOOK devices, the free NOOK App and in My Digital Library.
WANT A NOOK?  Explore Now

Related collections and offers


Overview

Ein Virus löscht eine ganze Stadt aus - doch deine Regierung erzählt dir nicht die Wahrheit …

Ein Video von nur wenigen Sekunden: Entsetzlich zugerichtete Leichen liegen auf den Straßen der Kleinstadt Hagerstown. Sobald das Video im Netz war, wurde es auch wieder gelöscht. Alle Suchanfragen laufen ins Leere, alle Wege in die Stadt sind gesperrt. Einer Gesellschaft, die ganz und gar auf Sicherheit ausgelegt ist, widerfährt etwas Unerklärliches. Und die Regierung schweigt. Die Angst vor dem Ungewissen droht zu Ausschreitungen zwischen den "Unveränderten" und den gentechnisch modifizierten Eliten zu führen. Anders Jensen und seine Freunde suchen nach Antworten auf die Frage, was wirklich in Hagerstown passiert ist …

"Darf man nicht verpassen!" - io9.com


Product Details

ISBN-13: 9783959676410
Publisher: HarperCollins Publishers
Publication date: 04/10/2017
Sold by: Libreka GmbH
Format: eBook
Pages: 352
File size: 3 MB
Language: German

About the Author

Edward Ashton lebt in Rochester, New York, und erforscht neue Behandlungsmethoden für Krebs am Tag, während er nachts über die furchtbaren Auswirkungen schreibt, zu den seine Forschung führen könnte. Seine Kurzgeschichten erschienen in Dutzenden Medien von "Louisiana Literature" bis "Daily Science Fiction". "Hagerstown" ist sein erster Roman.

Read an Excerpt

Hagerstown

Thriller


By Edward Ashton, Kerstin Fricke

HarperCollins Germany GmbH

Copyright © 2017 HarperCollins in der HarperCollins Germany GmbH
All rights reserved.
ISBN: 978-3-95967-641-0


CHAPTER 1

Anders


Ich wende mich gerade mit meinem Drink in der Hand von der Bar ab, als ich spüre, wie mir ein Glas gegen die Brust prallt. Vor mir steht ein Mädchen mit offenem Mund und einem knallblauen Fleck, der sich auf ihrer weißen Seidenbluse ausbreitet. Sie ist knapp einen Meter fünfzig groß, hat lockiges rotes Haar, Schultern wie ein Linebacker und einen Bizeps unter ihrer geisterhaft blassen Haut, der an eine kleine wütende Python erinnert. Dann schaut sie mich an, und, ja, da ist auch dieser Wulst über ihren Augen. Gleich wird's übel.

"Scheiße!", flucht sie. "Verdammt! Das war eine nagelneue Bluse, du Arschloch!"

Sie stemmt eine Hand gegen meine Brust und drückt mich nach hinten. Ich stoße auf Nierenhöhe gegen die Bar, und das so fest, dass ich an der Stelle bestimmt einen blauen Fleck bekomme. Das Bier schwappt auf meine Hand und läuft meinen Arm herunter. Als ich sie endlich wieder ansehe, holt sie bereits aus. Ich zucke zur Seite und lasse ihre Faust an mir vorbeisegeln. Schon greift der Barkeeper unter die Theke und der Rausschmeißer macht sich auf den Weg in unsere Richtung. Ich reiße die geöffneten Hände hoch. Falls ich sie schlagen muss, dann wird es nur eine Ohrfeige werden. Generell habe ich kein Problem damit, Frauen zu schlagen, aber diese Neandertaler haben richtige Dickschädel. Sie sieht mir in die Augen, und ich merke, dass sie ins Grübeln kommt. Ich hätte mich noch viel schneller bewegen können, aber es hat ausgereicht, um sie zu beeindrucken. Sie stellt sich gerade hin und lässt die Hände sinken.

"Ich bin Terry", sagt sie. "Wenn du mir einen Drink ausgibst, vergessen wir das Ganze, okay?"


"Lass mich raten", sage ich. "Dein Dad wollte einen Footballstar?"

Terry stützt die Ellbogen auf den Tisch und nippt erstaunlich geziert an ihrem Drink. Sie hat behauptet, es wäre ein Parrot, dabei sieht er aus wie dieser blaue Drano – Rohrreiniger und riecht auch so.

"So was in der Art. Aber er hatte nicht das Geld, um sich einen richtigen Fachmann leisten zu können. Die haben sogar das Geschlecht vermasselt, wie man sieht. Eigentlich sollte ich nur die Muskeln und die verbesserte Knochenstärke erhalten, aber ... Tja, du siehst ja selbst, wie es gelaufen ist. Was ist mir dir? Wurdest du für die NBA geschaffen?"

"Wie kommst du denn auf die Idee?", frage ich und leere mein Bier mit einem großen Schluck. Normalerweise trinke ich nicht viel, aber unser Zusammenprall an der Bar hat mich ganz schön aufgeregt und ich verspüre das Bedürfnis, mich auf diese Weise zu beruhigen.

"Ach, jetzt hör aber auf", erwidert sie. "Du bist doch bestimmt zwei Meter fünfzehn groß, oder nicht?"

Ich muss lachen.

"Nicht ganz", gebe ich zu. "Es sind nur zwei Meter, und daran wurde absolut nichts verändert. Ich stamme aus einer Familie voller riesiger, schlaksiger Schweden."

"Kann schon sein." Sie nimmt noch einen Schluck und lehnt sich dann auf ihrem Stuhl zurück, wobei sie nach hinten wippt, sodass nur noch zwei Stuhlbeine den Boden berühren. Nach einem Augenblick setzt sie sich wieder gerade hin, und die Stuhlbeine knallen laut auf den Boden. "Aber du wärst überrascht, wie oft ich in einer Bar schon zugeschlagen habe. Im Allgemeinen treffe ich dabei mein Ziel."

Wieder muss ich lachen, dieses Mal sogar noch etwas heftiger. Was den Alkohol betrifft, scheine ich meinem Ziel immer näher zu kommen.

"Ach, Quatsch", entgegne ich. "Mich überrascht das nicht. Wenn die ursprünglichen Neandertaler genauso reizbar gewesen sind, wie ihr es seid, dann ist es kein Wunder, dass sie unseretwegen ausgestorben sind."

Sie kneift die Augen zusammen. Bestimmt überlegt sie, ob sie mich noch einmal schlagen soll, aber sie lehnt sich stattdessen zurück und grinst.

"Du weichst mir schon wieder aus, mein Freund. Ich hänge mit vielen Veränderten rum, und ich habe noch nie jemanden gesehen, der sich so schnell bewegen kann. Selbst die Exoskelette des Militärs sind eher auf Kraft als auf Schnelligkeit ausgelegt. Ich habe keine Ahnung, ob du mechanisch oder biologisch bist, aber du bist auf jeden Fall was Besonderes. Was hat man dir verpasst?"

Ich starre sie irritiert an.

"Das ist eine sehr direkte Frage."

"Ich bin Neandertalerin. Wir sind reizbar, aber auch direkt."

Sie grinst breit, nippt erneut an ihrem Parrot, und ich ertappe mich bei dem Gedanken, dass sie eigentlich ganz niedlich ist, wenn sie nicht gerade versucht, mich zu schlagen.

"Meine Mods sind biologisch", antworte ich schließlich. "Ich bin technisch gesehen eine genetische Schimäre. Sie haben meine DNS mit der von Mäusen verschnitten. Ich besitze um die acht Prozent Typ-C-Muskelfasern."

Daraufhin starrt sie mich nur mit leerem Blick an. Offenbar muss ich das genauer erläutern.

"Hast du schon mal versucht, eine Maus zu fangen?", will ich von ihr wissen. "Die haben echt winzige Beine, da sollte man sie doch schnell erwischen können, oder nicht?"

"Ich denke schon", erwidert sie. "Aber sie sind schnell."

Ich nicke.

"Ganz genau. Große Säugetiere haben schnell zuckende und langsam zuckende Muskeln, bei kleinen gibt es aber noch eine dritte Art. Man könnte sie als superschnell zuckend bezeichnen. Diese Muskeln sorgen dafür, dass die Maus der Katze immer einen Schritt voraus ist, und die hat man mir verpasst."

Ihr Lächeln wird zu einem schiefen Grinsen.

"Aber du hast keinen Hofstaat, und ich habe dich noch nie in den Vids gesehen. Dann gibt es anscheinend einen Haken."

Ich streiche mir mit einer Hand durch das Haar und seufze laut.

"Ja, es gibt einen Haken. Wie sich herausgestellt hat, gibt es einen guten Grund dafür, dass nur sehr kleine Tiere Typ-C-Muskelfasern besitzen. Ich kann durch das Dach springen, allerdings nur etwa alle sechs Wochen, denn so gut wie jedes Mal, wenn ich es versuche, zerre oder breche ich mir was. Ich habe in der Highschool und im ersten Collegejahr Basketball gespielt und war der erste Veränderte, der das auf derart hohem Niveau tun konnte. Eine Zeit lang gab es ein ziemliches Drama darum, ob es fair wäre, mich zusammen mit den unmodifizierten Kids spielen zu lassen. Aber ich habe nach dem ersten Jahr auf dem College aufgehört, weil ich die dummen Sprüche der anderen Spieler nicht mehr ertragen konnte, keine Lust mehr hatte, mich ständig vorzusehen, und es mir auf die Nerven ging, ständig bei den Trainern sein zu müssen."

Sie lehnt sich zurück und verschränkt die Finger hinter dem Kopf.

"Hast du sie je gefragt, was sie sich dabei gedacht haben?"

"Wen soll ich gefragt haben?"

"Deine Eltern. Du siehst aus, als wärst du ungefähr so alt wie ich – zwischen fünfundzwanzig und dreißig. Richtig?"

Ich nicke, obwohl ich sechsunddreißig bin, denn sie ist nah genug dran.

"Als sie uns manipuliert haben", fährt sie fort, "waren Modifikationen auf Keimbasis an vielen Orten noch illegal. Und selbst wenn es erlaubt war, wusste man doch eigentlich gar nicht, was man da tat." Sie blickt mit finsterer Miene an sich herunter. "Das ist doch offensichtlich, oder? Was denkst du? Würdest du ein Auto sofort kaufen, sobald es auf den Markt kommt, oder warten, bis sie die Fehler ausgemerzt haben? Aber sie mussten gleich eine ganz neue Spezies erschaffen."

Ich zucke mit den Achseln. Sie hat natürlich recht. Tatsache ist auch, dass ich meinen Dad wirklich mal gefragt habe, warum er es getan hat. Damals war ich neunzehn und lag mit gebrochenem Oberschenkel im Krankenhaus. Es war der Morgen nach meinem letzten Basketballspiel. Ich war verbittert, schmollte und gab Dad die Schuld daran, dass ich verletzt worden war, dass ich es nicht gut genug verheimlicht hatte und dass es mir nicht gelungen war, die Kontrolle zu behalten.

Er hätte mir eine Ohrfeige geben und aus dem Krankenzimmer gehen sollen, aber das hat er nicht getan. Stattdessen sagte er: "Ich wusste, dass wir ein Risiko eingehen, Anders, und es tut mir sehr leid, dass es nicht ganz so ausgegangen ist wie erhofft. Aber mir war damals schon klar, was kommen würde. In zwanzig Jahren wird es im Basketballteam einer Highschool und erst recht auf dem College keinen unmodifizierten Spieler mehr geben. Noch zwanzig Jahre später wird es Unmodifizierten schwerfallen, einen Job zu finden. So sieht es nun einmal aus, mein Junge, und ich dachte, es wäre besser für dich, wenn du einer der Ersten einer brandneuen Gattung und nicht einer der Letzten der aussterbenden bist."

Das klang einleuchtend, und das tut es noch immer. Dad hatte Angst, dass ich mit dem Fortschritt der Spezies nicht mithalten kann. Vermutlich lag er damit sogar richtig, er war nur zwanzig Jahre zu früh dran.

Wenigstens besaß er genug Geld und musste meine DNS nicht von einem dämlichen Doktoranden verschneiden lassen, wie es bei meiner neuen Freundin offenbar der Fall gewesen ist. Aber trotz alledem, wie heißt es doch so schön? Der beste Plan, ob Maus, ob Mann – wie treffend, was? –, geht oftmals ganz daneben.

Terry steht auf und geht zur Bar. Ich nutze die Gelegenheit und rufe meine Nachrichten ab. Aber da sind keine. Eigentlich war ich heute hier verabredet, aber soweit ich es erkennen kann, ist sie nie aufgetaucht. Vielleicht war sie aber auch da, hat die Auseinandersetzung an der Bar mitbekommen und ist schnell wieder verschwunden. Ist auch egal. Ich kannte sie ohnehin nur übers Netz, und aus irgendeinem Grund hat es bisher bei mir nie geklappt, aus virtuellen reale Beziehungen zu machen. Daher stecke ich mein Handy weg, als sich Terry gerade wieder hinsetzt und ein neues Bier vor mich auf den Tisch stellt.

"Und?", fragt sie. "Ist das hier jetzt ein Date?"


Ich wache auf. Die Sonne sieht durch die geschlossenen Augenlider rot aus, und ich kann meinen rechten Arm nicht mehr spüren. Als ich die Augen aufschlage, stelle ich fest, dass sich mein Arm so taub anfühlt, weil er unter einer mit roten Haaren bedeckten Bowlingkugel liegt. Ich hebe den Kopf und schaue mich um. Das ist nicht mein Schlafzimmer. Ich liege in einem breiten Himmelbett, und vor dem Fenster hängen rosa Spitzenvorhänge. Die Sonne scheint durch das halb offene Fenster herein und scheint mir ein Loch ins Gehirn zu bohren. Schnell schließe ich die Augen wieder und lasse den Kopf aufs Kissen sinken.

Terry hustet. Heißer Speichel benetzt meine Brust. Sie stöhnt auf und dreht sich auf die andere Seite. Ich nutze die Gelegenheit und ziehe den Arm unter ihr weg. Er fällt wie ein toter Fisch auf meinen Bauch. Als ich die Decke anhebe und einen Blick nach unten werfe, stelle ich fest, dass ich nackt bin. Terry trägt ein rosafarbenes T-Shirt und einen Slip. Auf meinen Oberschenkeln zeichnen sich hässliche blaue Flecken ab.

Ich mache die Augen wieder zu. Mein Kopf pocht, aber ich weiß nicht, wo Terry ihre Schmerzmittel aufbewahrt, und bin auch viel zu platt, um mich auf die Suche danach zu machen. Als ich wieder einnicke, höre ich im Halbschlaf ein Geräusch, das klingt, als würde ein Vogel an der Fensterscheibe kratzen. Ich will zwar die Augen öffnen, aber irgendwie ist mir selbst das zu anstrengend.


Wieder wache ich auf. Die Sonne steht jetzt höher und erzeugt ein helles Rechteck auf dem Boden und nicht mehr in meinem Schädel. Ich habe noch immer Kopfschmerzen, und mein Mund fühlt sich an, als hätte mir jemand kleine flauschige Socken auf die Zähne gestülpt. Ich liege allein im Bett. Langsam setze ich mich auf. Das Zimmer dreht sich ein oder zwei Mal, bevor ich meine Umgebung deutlich erkennen kann.

Die Tür geht auf, und Terry kommt herein. Sie trägt jetzt Jeans und T-Shirt und sieht aus, als wäre sie frisch geduscht. Ihr Haar ist zu einem Pferdeschwanz gebunden. Sie wirft mir eine Wasserflasche zu, die von meiner Stirn abprallt und in meinem Schoß landet.

"Danke", sage ich. Oder ich versuche es zumindest. Über meine Lippen kommt nämlich nur ein Krächzen. Ich drehe die Flasche auf und leere sie zur Hälfte, bis ich aufhören muss, um Luft zu holen.

"Du bist aber ein Langschläfer", stellt sie fest. "Oder hast du gestern etwa zu viel getrunken?"

"Kann schon sein." Ich reibe mir mit beiden Händen das Gesicht und dann mit den Fingerknöcheln den Schlaf aus den Augen. Terry räuspert sich.

"Und", fährt sie fort, "hast du heute Morgen was Wichtiges vor?"

"Äh ..."

"Versteh mich nicht falsch: Ich bitte dich nicht, zu bleiben, sondern möchte, dass du gehst."

"Oh."

Ich trinke noch einen Schluck. Sie schaut mich erwartungsvoll an.

"Ähm", murmele ich schließlich. "Dann haben wir es letzte Nacht also getrieben?"

Sie verdreht die Augen.

"Ja. Es war ziemlich enttäuschend. Offenbar bist du auch darin ziemlich schnell."

Autsch.

"Wirklich?"

Sie grinst breit. Ich habe noch immer Kopfschmerzen, grinse aber aus irgendeinem Grund zurück.

"Nein, das war gelogen. Du warst schon eingeschlafen, bevor ich dir die Hose ausziehen konnte."

Ich werfe erneut einen schnellen Blick unter die Bettdecke.

"Und warum bin ich dann nackt?"

Ihr Grinsen wird noch breiter und schelmischer.

"Ich habe nicht gesagt, dass ich dir die Hose nicht ausgezogen habe, ich meinte nur, dass du es nicht mehr mitbekommen hast."

Ich trinke die Wasserflasche leer, habe aber noch immer einen widerlichen Geschmack im Mund.

"Hast du eine Ahnung, warum ich blaue Flecken an den Beinen habe?"

"Du bist über meinen Wohnzimmertisch gefallen."

"Aha." Erneut reibe ich mir das Gesicht. "Wie spät ist es?"

Sie wirft einen Blick auf ihr Handy.

"Fast elf."

Stöhnend schwinge ich die Beine aus dem Bett.

"Ich muss tatsächlich weg", teile ich ihr mit. "Könntest du mir meine Hose rübergeben?"


Es ist ein perfekter Frühlingsmorgen, kalt und klar, der Himmel ist tiefblau, und es weht nur eine leichte Brise. Terrys Apartment liegt an der Thirty-third Street und nicht weit von der John Hopkins University entfernt. Ich muss zu einem Diner an der North Charles Street in der Nähe der Loyola University. Kurz überlege ich, ob ich mir ein Taxi rufen soll, aber da ich erst um zwölf mit Doug verabredet bin und einen klaren Kopf kriegen muss, gehe ich doch lieber zu Fuß.

Baltimore war schon immer eine schöne Stadt. Die Sonne tanzt auf dem Glasphalt des West University Parkway – was mir jedoch deutlich besser gefiele, wenn es sich nicht anfühlen würde wie ein Eispickel, der in meinen Schädel gerammt wird. Ich nehme die Abkürzung über den Hopkins-Campus, biege auf die Linkwood Road ab und wandere erst an den Studentenwohnheimen und danach an der Gegend vorbei, in der die Professoren wohnen. Die Bäume hier sind alt und haben dicke Äste, die über den Gehweg reichen, und die Häuser sehen ordentlich, sauber und gut erhalten aus. Ich bin im Grunde genommen ein Hausbesetzer und lebe in einem heruntergekommenen Reihenhaus an der Twenty-eighth. Selbstverständlich würde ich viel lieber hierherziehen, wo ich einen kleinen Garten und eine Veranda hätte, aber ich bin kein Professor. Ich arbeite an drei verschiedenen Hochschulen als Teilzeitlehrer, und diese Art von Karriere ermöglicht einem kein Luxusleben.

Meine Mutter ruft mich im Schnitt einmal die Woche an. Fast immer fragt sie mich, wann ich mir endlich einen richtigen Job suchen und mein Leben in den Griff kriegen will. Das ist eine gute Frage, auf die ich bisher noch keine passende Antwort gefunden habe. Ehrlich gesagt weiß ich momentan selbst nicht, was ein richtiger Job überhaupt ist. Ich kenne niemanden, der etwas macht, das für sie in diese Kategorie fallen würde. Einer meiner Freunde verdient ganz gut als Produktpromoter, und ein anderer lebt von temporären Kunstausstellungen auf Partys und Hochzeiten. Ich kenne ein paar Leute, die von Regierungscredits leben, und einen, der für seinen Dad arbeitet, aber nie wirklich was machen muss.

Und dann gibt es da noch Doug. Ich habe nicht die geringste Ahnung, was Doug macht.

Um vier Minuten nach zwölf betrete ich das Diner. Ich muss mir keine Gedanken darüber machen, ob er möglicherweise schon da ist, da ich genau weiß, dass er das Diner um genau zwölf Uhr betreten hat. Als ich mich umsehe, entdecke ich ihn sofort. Er sitzt an einem Tisch im hinteren Teil des Raums. Mir wäre eine Nische zwar lieber gewesen, aber sein Exoskelett passt nicht so gut auf die Bänke, und wenn er einem unter dem Tisch gegen das Schienbein tritt, tut das höllisch weh. Ich gehe zu ihm hinüber. Die Kellnerin stellt meinen Teller an den Platz ihm gegenüber, aber ich ziehe den Stuhl auf die Seite.

"Hey", begrüßt er mich. "Du siehst echt scheiße aus."


(Continues...)

Excerpted from Hagerstown by Edward Ashton, Kerstin Fricke. Copyright © 2017 HarperCollins in der HarperCollins Germany GmbH. Excerpted by permission of HarperCollins Germany GmbH.
All rights reserved. No part of this excerpt may be reproduced or reprinted without permission in writing from the publisher.
Excerpts are provided by Dial-A-Book Inc. solely for the personal use of visitors to this web site.

From the B&N Reads Blog

Customer Reviews