Heaven's End - Wen die Geister lieben

Heaven's End - Wen die Geister lieben

by Kim Kestner
Heaven's End - Wen die Geister lieben

Heaven's End - Wen die Geister lieben

by Kim Kestner

eBook1. Auflage (1. Auflage)

$16.99 

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Overview

Jugendbuchautorin Kim Kestner beGEISTERT ihre Leserinnen mit einem neuen romantischen Fantasyroman – denn wo der Himmel endet, beginnt die Welt der Geister ...
In Heaven's End, einem kleinen schottischen Küstenort, lebt die fünfzehnjährige Jojo mit ihrer Familie – der lebenden und der toten. Denn Jojo kann Geister sehen und wohnt mit einer ganzen Horde verrückter Vorfahren unter einem Dach. Von ihrer besonderen Fähigkeit aber darf niemand etwas wissen. Erst recht nicht Zack, der Schulschwarm, dessen funkelnde Augen Jojo blöderweise ganz kribbelig machen. Doch im idyllischen Heaven's End gehen auf einmal unheimliche Dinge vor sich. Wie lange kann Jojo ihr Geheimnis noch wahren? Und was lauert jenseits der Welt der Lebenden?
Endlos spannend, himmlisch romantisch, teuflisch gut – packende Ghostfantasy at its best!

Product Details

ISBN-13: 9783733651046
Publisher: Fischer Sauerländer
Publication date: 07/24/2019
Series: Heaven's End , #1
Sold by: Bookwire
Format: eBook
Pages: 480
File size: 1 MB
Age Range: 12 Years
Language: German

About the Author

Kim Kestner ist auf ihren Reisen in Schottland schon vielen Geistern begegnet – aber die meisten davon waren freundlich. Seit 2010 arbeitet sie als freischaffende Autorin und hat bereits einige Romane veröffentlicht. Sie lebt mit ihrem Mann und zwei Kindern in der Nähe von Hamburg.

Read an Excerpt

CHAPTER 1

Glenshire County 6. Juni 2019

Es waren nur zwei Worte. Doch die Schlagzeile würde für eine Menge Ärger sorgen. Sie richtete sich gegen den Mann, dessen Vorfahre unserem HighlandStädtchen den Namen gegeben hatte, der das Feldhockeyteam unserer Schule mit großzügigen Spenden unterstützte und in dessen Sohn mindestens die Hälfte aller Schülerinnen hirnlos verliebt war. Kurzum: den Earl of Glenshire. Mit meinem Artikel gedachte ich ihm so fest wie nur möglich gegen das Schienbein zu treten. Von mir aus konnte die Story in Druck gehen.

Benny schien das anders zu sehen. »Ich weiß nicht, Jojo ...« Mit gerunzelter Stirn sah er auf den Bildschirm. »Blutgeil – Weidmannsheil? Ist das nicht ein wenig zu dramatisch für eine Schülerzeitung?«

Zu dramatisch? Jetzt war ich es, die die Stirn runzelte. »Dein Ernst, Benny?« DRAMA war quasi sein zweiter Vorname. BenjaminDRAMA Spencer.

»Hach, ich glaube, es sind die Schriftfarben«, überlegte er halblaut.

Ich schnaubte. Mein Beitrag verurteilte die Fuchsjagd, sinnloses Töten also, da war Blutrot genau die richtige Farbe. Auf der anderen Seite ... Die Farbe war doch schnurzegal. Hauptsache, der Artikel rüttelte die Leute auf.

Aus dem Rucksack zu meinen Füßen kam ein wütendes Scharren.

War ja klar. »Eine Stunde noch!«, zischte ich.

»Ich geb mein Bestes«, grummelte Benny. Er hatte keinen Schimmer, dass nicht er gemeint war. »Aber du weißt, wie ich das sehe. Farben transportieren eine –«

» ... wichtige unterschwellige Aussage.« Ich verdrehte die Augen.

»Ich kann hören, wie du die Augen verdrehst.«

»Tu ich nicht.«

»Tust du doch«, sagte Benny, ohne sich nach mir umzudrehen. Er kannte mich zu gut.

Da ich ihn mindestens ebenso gut kannte, wusste ich: Benny durfte man nicht hetzen, sonst wurde er pampig. »Lass dir Zeit. Alles cool.«

»Nichts ist cool!« Die spitze Schnauze eines meiner beiden Wiesel bohrte sich aus der Öffnung meines Rucksacks. Messerscharfe Zähnchen ragten daraus hervor. Aber sie konnten Benny nichts anhaben, denn Scrooge war ein Tiergeist. »Sag dem selbsternannten Picasso da draußen, wir nehmen Schwarz«, giftete er. »Los! Ich will nach Hause.«

Ich schwor mir, dem miesepetrigen, kleinen Wiesel zukünftig das Frettchenmaul zuzubinden, bevor ich das Haus verließ. Tierliebe hin oder her. Scrooge trug seinen Namen mehr als verdient. Wie Scrooge, der alte Widerling aus Charles Dickens' Weihnachtsgeschichte, war mein Wiesel ein echtes Ekel, ein Stimmungskiller, bestenfalls ein Trauerkloß, und mindestensgenauso muffig wie sein zerzaustes Präparat, das in meinem Zimmer hing. Seit ich es vor Jahren zwischen verstaubten Fotoalben und der Weihnachtsdekoration auf dem Dachboden gefunden hatte, haftete dessen Geist an mir. »Ich sagte: eine Stunde!«

»Mag sein. Ich lasse mich trotzdem nicht hetzen«, murrte Benny, woraufhin Scrooge aus dem Rucksack schoss und sich mit ausgefahrenen Krallen auf Benny stürzte.

Ich schüttelte nur den Kopf. Benny konnte Scrooge weder sehen noch sein Schimpfen hören, und von ihm verletzt werden konnte er schon gar nicht. Das Gleiche galt für Scout. Aber der lag die meiste Zeit ohnehin wie ein Schal um meinen Hals, in möglichst großem Abstand zu seinem Artgenossen. Die beiden Wiesel konnten sich nicht ausstehen. Kein Wunder, Scout war der liebste Tiergeist der Welt, wenn auch furchtbar ängstlich. Scrooge hingegen wusste nicht mal, wie man Angst schrieb (sonst wusste er aber alles besser), und er war ständig mies gelaunt. Wenn er mal lachte, dann nur aus Schadenfreude. Vor allem bei Oops, Fail, der Sendung, in der ständig Leute gegen Laternenpfeiler rannten oder beim Rückwärtsgehen ins Wasser fielen. Das war übrigens der Grund, weshalb Scrooge so dringend nach Hause und vor den Fernseher wollte.

Ich bekam mein Miesewiesel an der dunkelbraunen Schwanzspitze zu fassen. Bis auf ein ebenso dunkles Dreieck zwischen seinen Ohren, das sich bis zur Nase zog, war sein Fell sandfarben, an der Brust eine Spur heller. Scout hingegen hatte nichts Dunkles an sich. Im Gegenteil. Seine Pfoten waren weiß, genau wie ein herzförmiger Fleck auf der Brust. Es war beinahe sinnbildlich.

Ich ließ Scrooge im Reißverschlussfach meines Rucksacks verschwinden, bevor er seine Zähne in meine Hand schlagen konnte. Mit den Tiergeistern war es merkwürdig. Ich war fähig, sie zu berühren, zu streicheln, auch festzuhalten, wenn es sein musste. Sie selbst waren allerdings nicht dazu in der Lage, Materie zu bewegen. Das heißt: Scrooge war es nicht, obwohl er verbissen (und das konnte man wörtlich nehmen) daran arbeitete. Er blieb vollkommen talentfrei in puncto Grobstofflichkeit. Scout hingegen konnte Materie bewegen, es bedeutete allerdings große Anstrengung für ihn. Von der Sache her hätte er jede Walnuss knacken können. Noch ein Grund, weshalb Scrooge ihn aus seinem tiefsten Wieselherzen hasste.

Manchmal fauchten und stritten sie so sehr, dass ich kein Wort vom Unterricht mitbekam. In meinem letzten Zeugnis hatten Scrooge und Scouts Streitereien mir den Vermerk: Josephine folgt dem Unterricht nur teilweise eingebracht. Zu Hause konnten meine Wiesel sich jedenfalls aus dem Weg gehen. Dafür lebten vier meiner verstorbenen Vorfahren bei uns, was nicht selten genauso anstrengend war. Vor allem weil sie immer merkwürdiger wurden, je länger sie tot waren. Und einige von ihnen waren schon über zweihundert Jahre tot. Das mit dem Geistersehen hatte ich von meiner Mutter. Und die von ihrer. Aber das behielten wir für uns. Die Leute hier befanden einen sonst für verrückt, weswegen wir so taten, als wäre das Ungewöhnlichste an unserer Familie die chilenische Andentanne in unserem Garten.

Ich blickte über Bennys Schulter. Sein Zeigefinger glitt in enormer Geschwindigkeit über das Touchpad. Er war imstande, einen ganzen Tag damit zu verbringen, Textblöcke und Bilder hin und her zu schieben, und einen weiteren damit, die richtige »farbliche Aussage« zu finden. Als wäre unsere Schülerzeitung die verdammte Cosmopolitan.

Erstaunlicherweise jedoch schien er zufrieden. »Und? Was sagst du?«

»Dass ich mich auf Fluckmores Gesicht freue, wenn er die Zeitung in den Händen hält.« Unser Direktor hatte den Tierschutzartikel nämlich nur unter einer Voraussetzung genehmigt: Der Earl durfte mit keinem Wort erwähnt werden. Mit keinem Bild hatte er allerdings nicht gefordert, da musste man schon unterscheiden, fand ich.

Das Foto unter der Schlagzeile zeigte eine Jagdgesellschaft. Den Earl zusammen mit anderem Landadel, allen möglichen Lords, Viscounts, sogar irgendeinem Duke. Ausnahmslos, wie es die Tradition verlangte, in roten Reitjacken. Hinter ihnen, grau und efeuberangt, Glenshire Castle. Vor ihnen drei Reihen wunderhübscher, aber toter Füchse.

Jedes Tier, das getötet wurde, war eines zu viel, aber bei Füchsen fand ich es besonders schrecklich. Sie waren so wundervolle Kreaturen, schlau, geschmeidig und bildschön. Außerdem hatten sie und ich die gleiche fuchsrote Haarfarbe. Für mich war die Fuchsjagd jedenfalls Hobbymord. Die meisten der Tiere landeten wenig später im Müll, einige Felle an den Körpern irgendwelcher aufgeblähter Schnepfen, wie einer Lady mit ausladendem Hut links am Bildrand. »Ist das nicht furchtbar?« Ich ertrug den Anblick kaum. »Wie kann man sich nur ein totes Tier um den Hals hängen?«

»Zu nah?«, fiepte Scout in meinem Nacken. Seine vor Schreck zitternden Schnurrhaare kitzelten mich am Ohr.

»Du doch nicht ...«, wisperte ich, dabei strich ich über seinen mageren Körper und tat, als würde ich mir die Schulter massieren. Sofort entspannte Scout sich wieder.

»Ein totes Tier.« Angewidert verzog Benny den Mund. »So wie du es sagst, klingt es definitiv furchtbar. Genauso gut könnte manBenetton tragen!«

»Klar, beides schrecklich.«

Mein bester Freund zupfte an seinem exakt gestutzten Kinnbart. »Also ... Headline in Blutrot oder Himbeer?«

»Blutrot«, antwortete ich ihm finster.

Seine Stimme bekam einen beleidigten Unterton. »Du bist die Chefredakteurin, ich nur der Handlanger.« Er gab der Graphiksoftware irgendwelche Befehle und rief die Seite der Onlinedruckerei auf.

Es würde dauern, bis die Daten hochgeladen waren. »Holst du uns einen Milchkaffee?«

»Oh, sicher. Eben noch Handlanger, jetzt Botenjunge ...«

» ... aber immer mein bester Freund.« Ich drückte Benny einen Kuss auf die Wange, worauf er halbwegs versöhnt Richtung Cafeteria verschwand.

Mir war klar, es würde einen Rüffel wegen des Fotos geben. Aber bis unser Rektor sein Belegexemplar in den Händen hielt, würde die Zeitung schon längst in Produktion sein.

Mit einem Anflug von schlechtem Gewissen ging ich zum Drucker und sah dabei zu, wie er die Höhepunkte des vergangenen Schuljahres Seite für Seite ausspuckte.

Ich nahm einige davon aus der Auffangschale des Druckers. Ein Potpourri aus lauter bunten Sätzen. Darüber die Frage: Was hast du nach dem College vor?

Meine Schuluniform verbrennen, stand ganz oben. Ich überflog einige andere Antworten. In London studieren – Aufwachen –PARTY, PARTY, PARTY! – Erst mal ein Praktikum ...

Ich konnte beim besten Willen nicht sagen, was ich nach dem College machen wollte. Vielleicht etwas im Tierschutz. Oder Journalismus? Zum Glück hatte ich noch ein paar Jahre Zeit, um meine Antwort zu finden. Noch war ich im vorletzten Jahr der Highschool.

Das College war im selben Gebäude untergebracht. Es war eines der ältesten im gesamten County. Man hätte es glatt für ein Schloss halten können, sah man von den Schulbussen davor ab.

Von draußen ertönte die Schulglocke. Die letzte Nachmittagsstunde war beendet. Mit anderen Worten: Spätestens in einer halben Stunde würde uns der Wischmopp, unser Hausmeister, aus dem Computerraum jagen, um das Gebäude abzuschließen.

Benny kam zurück und drückte mir einen lauwarmen Pappbecher in die Hand. »Fluckmore ist im Anmarsch.«

»Was?« O nein. Panisch sah ich zum Bildschirm.

Benny setzte sich davor und stellte seinen unangerührten Kaffee zur Seite, da hallten Schritte über den verlassenen Flur. »Ich geb die Daten in Druck, dann ist es zu spät«, sagte er.

»Beeil dich«, flehte ich, doch schon im nächsten Augenblick wurde die Tür aufgestoßen, und Fluckmore stand im Rahmen. Hager, mit papierweißem Haar, einem beunruhigend eierförmigen Kopf und langen, knochigen Fingern. Benny hatte einmal gesagt, wenn man Mr Burns von den Simpsons und ein Alien kreuzen würde, käme unser Direktor dabei raus. Erschreckenderweise traf es das genau.

Scout drehte sich unruhig auf meiner Schulter. Er spürte meine Nervosität. Leider entging auch unserem Direktor selten etwas. Er besaß einen siebten Sinn dafür, wenn etwas Außerplanmäßiges an seiner Schule vorging. Und mit außerplanmäßig meinte er jede Form von Kreativität und eigenständigem Denken. Fluckmore hatte von dem Foto Wind bekommen, da war ich mir sicher. Erst recht, als Scarlett Rose Sinclaire hinter ihm auftauchte, von der ich das Foto hatte. Natürlich versuchte unser Schul-Prinzickchen, mir eine reinzuwürgen. Wir waren nicht gerade Freundinnen. Gelinde ausgedrückt.

Wütend warf Fluckmore seinen ausgebeulten Aktenkoffer auf den Tisch. »Ist die Druckplatte schon gesetzt?« Ob er wusste, dass die flachen Dinger auf den Tischen Laptops waren und keine Tabletts aus der Kantine?

»Der Botenjunge bringt sie gerade zur Presse«, erwiderte Benny, ohne eine Miene zu verziehen. Ich schielte zum Bildschirm. Von der Tür aus konnte man es nicht sehen, aber erst 83 Prozent der Daten waren hochgeladen. Jetzt bereute ich, nicht auf Scrooge gehört zu haben.

»Lass mal sehen.« Scarlett hatte sich an unserem Direx vorbeigeschoben und Benny zur Seite gedrängt. »Ha! Wusste ich es doch«, rief sie gleich darauf, »eine Lüge!« Sie sah sich triumphierend nach Fluckmore um. Er stand beim Drucker. Ich hatte die Hoffnung, dass er ihn für einen Toaster hielt. »Soll ich den Ladevorgang abbrechen, Direktor?« Scarletts Wangen glühten vor Eifer. Scheinheiliges Miststück! Sie bekam keine Antwort.

»Ist das mein Beleg?« Fluckmore griff in das Ausgabefach.

»Ja, Mr Fluckmore.«

»Nun denn ...« Mit spitzen Fingern blätterte er den Stoß loser Seiten durch. Wahrscheinlich fürchtete er, sich andernfalls mit Druckerschwärze einzusauen.

Noch war nichts verloren. Waren die Druckdaten erst hochgeladen, konnte der Auftrag nicht mehr storniert werden, und ein zweites Mal würde Fluckmore die Schülerzeitung nicht drucken lassen. Wenn er etwas noch mehr hasste als außerplanmäßig, dann war es Verschwendung. Neben seiner Bürotür hing ein Messingschild, auf dem »DIREKTOR FLUCKMORE« stand, das heißt beinahe stand, denn jemand hatte schon vor ewigen Zeiten das L ausgekratzt. DIREKTOR F_UCKMORE hatte das Schild trotzdem nie ausgetauscht.

Ich sah in sein verkniffenes Gesicht und wappnete mich. Egal, welche Konsequenzen die Sache mit dem Foto hatte, ich würde für meine Überzeugung kämpfen.

Am Rande registrierte ich, wie Benny und Scarlett um die Vorherrschaft am Touchpad rangen. »Direktor!«, rief Scarlett panisch. Beinahe hätte ich laut losgelacht. Ihre Hilflosigkeit war mindestens so falsch wie ihre hüftlangen Haare.

Fluckmore blickte kurz auf. »Lassen Sie den Unfug, Mr Spencer.« Im nächsten Moment wurden seine Augen ganz schmal. Er hatte bis zu meinem Artikel vorgeblättert. »Aber das ist ja ...!«

» ... meine Verantwortung«, beeilte ich mich zu sagen. Benny sollte da auf keinen Fall mit reingezogen werden.

»Sie haben dieses Foto hier abgelichtet?« Mr Fluckmore klang überrascht. Ich war es definitiv. Hatte er etwa bis eben überhaupt nichts von dem Foto gewusst? Aber wieso war er dann hier? Und Scarlett?

»Stoppen Sie die Maschine!«, rief Fluckmore ihr zu, als wären wir auf der Titanic.

»Schon geschehen.« Mit einem Siegerlächeln kam sie zu uns. Benny hob bedauernd die Schultern. Scarlett schielte auf den Artikel in Fluckmores Händen. »Ist das Bild nicht aus demGlenshire Paper, Josephine?« Nur sie nannte mich bei meinem vollen Namen.

»Das weißt du doch genau«, zischte ich. Schließlich hatte ich mich vor zwei Wochen dazu durchgerungen, Scarlett nach einem Archivfoto von einer Fuchsjagd zu fragen. Ihren Eltern gehörte derGlenshire Paper. Deshalb war es für sie ganz besonders ein Dorn im Auge, dass ich Chefredakteurin der Schülerzeitung geworden war und nicht sie. »Herr Direktor, ich muss Sie darüber informieren, dass die Schule keinerlei Rechte an diesem Bild besitzt.«

»Das spielt keine Rolle«, brummte Fluckmore. »Der Artikel wird nicht erscheinen.«

Ich verschluckte fast mein Kaugummi. Das konnte er nicht machen! »Benny kann das Bild rausnehmen.«

Fluckmores Augen wurden noch schmaler. »Mr Spencer wird den gesamten Artikel rausnehmen.«

»Dann haben wir aber ein Problem«, warf Benny sich für mich ins Zeug. »Die Gesamtseitenanzahl muss immer durch vier teilbar sein, sonst –«

»Sparen Sie sich das Fachsimpeln, Spencer. Miss Sinclaire hat glücklicherweise einen Beitrag in petto.« Fluckmore ließ seinen Aktenkoffer aufschnappen und reichte mir eine Pappe heraus. Eine, die mit einer Kordel und zwei Knöpfen zusammengehalten wurde. »Der Setzer soll sich darum kümmern.«

Hinter ihm deutete Benny auf sich. Scarlett warf ihm einen Stick zu. »Da ist das druckfertige PDF drauf. Ich hoffe, du weißt, was du damit machen musst.«

»Die Rechtschreibkorrektur drüberlaufen lassen?«, fragte mein bester Freund. Scarlett war nicht die hellste Kerze auf der Torte. Benny mochte sie nicht, aber allen anderen Jungs genügte es, dass sie heiß war.

Ich nestelte an der Kordel. In dem Artikel ging es mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit um irgendein Styling-Blabla. Jedenfalls redete sie auf ihrem YouTube-Kanal von nichts anderem.

Die Tür flog auf, und der Hausmeister steckte seinen Kopf herein. Er sah aus wie immer – genau wie sein Wischmopp. Graues, zerzaustes Haar über einem stieldünnen Körper. »Oh, verzeihen Sie, Herr Direktor. Ich wusste nicht, dass Sie ... Ich wollte das Gebäude abschließen.«

»Schon gut. Gehen Sie nur«, meinte Mr Fluckmore. »Ich verschließe das Portal, wenn das hier geregelt ist.« Er ließ meinen Ausdruck in seinem Aktenkoffer verschwinden. »Spencer, sobald er vorliegt, bringen Sie mir den neuen Beleg ins Büro. Und Sie, Miss Connery, sehe ich morgen früh dort.«

»Natürlich, Direktor«, sagte ich mit einem Zähneknirschen.

»Ach, das ist jetzt aber wirklich blöd gelaufen.« Scarlett tat untröstlich.

Ich ballte die Fäuste.

»Darf ich sie beißen?«, fragte Scout mit gebleckten Zähnen.

»Später«, knurrte ich.

Fluckmore wandte sich zum Gehen.

Als die Tür hinter ihm ins Schloss fiel, riss ich die Kordel von der Mappe und fingerte Scarletts Artikel heraus. »Das ist ein Witz, oder?« Ich wünschte geradezu, es wäre einer. »Spuk im Last Drop?«

»Ist das die Headline?« Benny öffnete das Dokument auf dem Stick. »Ach du meine Güte, wie klischeehaft. Mausgrau für einen Spuk-Titel.«

(Continues…)


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