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Trafalgar 1805 ... Um seinem Plan, die feindliche Linie zu durchbrechen, die notwendige Durchschlagskraft zu verleihen, hatte Nelson mit den Dreideckern VICTORY und ROYAL SOVEREIGN seine schwersten Schiffe an die Spitze der Kolonnen gestellt. Dadurch würden die entscheidenden ersten Breitseiten mit der größtmöglichen Feuerkraft erfolgen. Waren die Briten einmal durchgestoßen, konnten sie die feindliche Streitmacht auseinanderbrechen, deren einzelne Teile umfassen und durch die Massierung der eigenen Kräfte mit Hilfe einer lokalen Übermacht niederringen. Zugleich konnten die besonders massiv gebauten Dreidecker dem beim Anmarsch zu erwartenden schweren feindlichen Beschuss am besten widerstehen. Die Luv-Kolonne wurde daher gleich von vier Dreideckern angeführt: Vorneweg segelte Nelsons VICTORY mit 104 Kanonen, gefolgt von der TEMERAIRE und der NEPTUNE mit je 98 Geschützen sowie der 100 Kanonen tragenden BRITANNIA, dem Flaggschiff von Konteradmiral William Carnegie Earl of Northesk. Dagegen stand an der Spitze der Lee-Kolonne mit Collingwoods Flaggschiff, der mit 100 Geschützen bewaffneten ROYAL SOVEREIGN, nur ein einziger Dreidecker. Erst am Ende der Kolonne folgten die acht den Kontakt zur Flotte verloren und stand bei Tagesanbruch etwa zehn Meilen nördlich des britischen Geschwaders. Obwohl ihr Kommandant, Henry Digby, versuchte, so schnell wie möglich zur Luv-Kolonne aufzuschließen, konnte Nelson nur 26 gegen 33 feindliche Linienschiffe in die Schlacht führen - doch das war ihm jetzt egal. Während Collingwood an Bord der ROYAL SOVEREIGN an der Spitze der 14 Schiffe starken südlichen Lee-Kolonne stand, führte Nelson mit der VICTORY die nördlich stehende Luv-Abteilung von zwölf Schiffen. Im Abstand von etwa einer Meile näherten sich die beiden britischen Stoßspitzen auf parallelem Kurs der Linie der spanischen und französischen Schiffe. ... Während sich die feindlichen Flotten allmählich näherten, begann auf den britischen Schiffen die gewohnte Hektik, die jedem Gefecht voranging. In der Takelage wurden zusätzliche Taue durch die Blöcke geschoren, um Schäden am laufenden Gut schneller reparieren zu können. Auf den Decks wurden die Zwischenwände niedergelegt, die Geschützmannschaften bereiteten ihre Kanonen vor, zusätzliche Kugeln wurden aus dem Laderaum nach oben gemannt. Alle was nicht niet- und nagelfest war, wurde entweder in den Laderaum unter der Wasserlinie gebracht oder kurzerhand über Bord geworfen. Auch Nelsons Kajüte wurde ausgeräumt und das Porträt seiner geliebten Emma, seinem "Schutzengel", in Sicherheit gebracht - nur sein Schreibtisch blieb zurück. Die Besatzungen wappneten sich ebenfalls für das kommende Gefecht. Kapitän George Duff von der MARS, der seinen 13-jährigen Sohn Norwich mit an Bord hatte, schrieb rasch einen letzten Brief an seine Frau: "Meine liebste Sophia, ich habe gerade genug Zeit, um Dir mitzuteilen, dass wir in die Schlacht mit der vereinigten Flotte gehen. Ich hoffe und vertraue auf Gott, dass wir uns alle so benehmen, wie wir sollen, und dass ich vielleicht das Glück habe, meine geliebte Frau und meine Kinder in meine Arme zu nehmen. Norwich geht es gut und ist frohen Mutes, dennoch habe ich ihn vom Achterdeck befohlen." ...