Kein Moment zum Verlieben: Roman

Kein Moment zum Verlieben: Roman

by Alexandra Görner
Kein Moment zum Verlieben: Roman

Kein Moment zum Verlieben: Roman

by Alexandra Görner

eBook1. Auflage (1. Auflage)

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Overview

Ein Tag wie jeder andere und doch der Tag, der zwei Leben verändert  
Bei einer Gasexplosion im Herzen von London wird Cole schwer verletzt. Eine Unbekannte eilt ihm zur Hilfe, holt die Sanitäter und verschwindet danach genauso schnell, wie sie aufgetaucht ist. Doch Cole wird sich ewig an das Paar blaue Augen erinnern, das ihm Hoffnung und Kraft gab, als er dachte, sein Leben wäre vorbei. Stattdessen kann er nur einen Neuanfang wagen und zieht zurück in seine alte Heimat nach Cornwall. Auch wenn ihm da ein wenig freundlicher Empfang bereitet wird. Denn Cole ist nicht ohne Grund vor Jahren weggezogen…  
Lana sucht noch Wochen später nach dem gutaussehende Unbekannten, den sie auf der Straße fand und dessen Namen sie nie erfahren hat. Nie erfahren hat, ob er überlebt hat. Doch schließlich gibt sie auf, widmet sich ihrer Berufung als Sozialarbeiterin im Frauenhaus. Ein Job, der schlaucht, und der einen Urlaub dringend nötig macht. Kurzerhand fährt sie zu ihrer Cousine nach Cornwall um dort wieder Kraft zu tanken. Und auf einmal steht der Mann vor ihr, den sie nicht mehr aus dem Kopf bekommt, obwohl sie ihn gar nicht kennt. Ihr Herz schlägt sofort höher, doch Cole hat eine dunkle Vergangenheit…


Product Details

ISBN-13: 9783958184329
Publisher: Forever
Publication date: 07/01/2019
Sold by: Bookwire
Format: eBook
Pages: 300
File size: 3 MB
Language: German

About the Author

Alexandra Görner ist 35 Jahre alt und lebt mit ihrem Mann und ihren beiden Kindern in einer kleinen Stadt in Sachsen. Sie arbeitet in einem Zuliefererbetrieb für die Automobilindustrie und schreibt nur in ihrer Freizeit. Die verbringt sie außerdem am liebsten mit ihrer Familie und natürlich mit tollen Büchern.

Alexandra Görner ist 35 Jahre alt und lebt mit ihrem Mann und ihren beiden Kindern in einer kleinen Stadt in Sachsen. Sie arbeitet in einem Zuliefererbetrieb für die Automobilindustrie und schreibt nur in ihrer Freizeit. Die verbringt sie außerdem am liebsten mit ihrer Familie und natürlich mit tollen Büchern.

Read an Excerpt

CHAPTER 1

Cole

Manche Menschen behaupten, wenn man kurz davor ist zu sterben, sieht man sein Leben noch einmal wie in einem Film vor seinem geistigen Auge vorbeiziehen. Bei mir war das anders. Als ich zu Boden fiel, verschwendete ich keinen Gedanken an meine Vergangenheit. Ich bereute weder Fehler noch getroffene Entscheidungen. Denn ich konnte die Zeit nicht zurückdrehen, und daher lohnte es nicht, sich darüber den Kopf zu zerbrechen. Was mir wirklich Sorgen bereitete, war eher die Zukunft. Falls ich überhaupt eine haben sollte. Im Moment sah es ganz und gar nicht danach aus.

Aber eine Sache gab es dann doch, die ich von Herzen bedauerte, nämlich, dass ich es zeit meines Lebens nicht geschafft hatte, ein guter Vater für meine Tochter Roxy zu sein. Das war wirklich das Einzige, das mir unendlich leidtat. Allem Anschein nach würde ich gleich vor meinen Schöpfer treten, und ich hatte nicht besonders viel Gutes vorzuweisen, was ich der Welt hinterlassen würde. Den meisten Menschen, denen ich in meinem bisherigen Leben begegnet war, hatte ich nichts außer Kummer und Sorgen bereitet.

In den letzten fünf Jahren hatte ich eine Menge Jobs angenommen, um meinen Lebensunterhalt zu bestreiten. Auf einer Bohrinsel mitten im tosenden Atlantik zu arbeiten, war mir gefährlicher erschienen als in London mit meinen Kollegen auf einem Gerüst zu stehen, um die verspiegelten Fenster in ein neu gebautes Hochhaus einzusetzen. Zumindest bis gerade eben und diesem ohrenbetäubenden Knall, als Gott weiß was explodierte und der Boden unter mir schwankte, das Gerüst, auf dem ich stand, schließlich wegsackte und ich den Halt unter den Füßen verlor. Ich wurde meterweit durch die Luft geschleudert und stürzte dann einfach in die Tiefe.

Lana

Der Knall war so furchtbar laut, dass ich für ein paar Sekunden wie erstarrt war, bevor sich die Schockstarre auflöste und ich mich panisch umsah. Londons Bürgersteige waren wie jeden Morgen voller Menschen. Autos, die sich hupend durch die verstopften Straßen schoben. Passanten, die zur Arbeit eilten, zum Einkaufen gingen oder sonstigen Aktivitäten nachgingen, bevölkerten die Gehwege. Ich selbst war gerade die Stufen der U-Bahn-Station nach oben gestiegen, die Aprilsonne schien mir warm ins Gesicht, und während ich lächelte und mich einfach auf den heutigen Tag freute, war da dieser schrecklich laute Knall gewesen. Ich spürte, wie der Boden unter meinen Füßen zitterte, und dann folgte ich einfach meinem Instinkt, wie so ziemlich alle Menschen, die gerade unterwegs waren. Ich warf mich schreiend auf den Boden. Mein Becher Kaffee to go, den ich mir vorhin auf dem Weg zur Arbeit gekauft hatte, rutschte mir aus der Hand, und der Kaffee spritzte beim Aufprall auf den Asphalt gegen meine Beine. Für einen Moment fühlte ich die heiße Flüssigkeit durch meine Strumpfhose hindurch. Ich kümmerte mich aber nicht weiter um den Schmerz, auch nicht darum, dass ich mir mit Sicherheit gerade meine Knie auf der Straße aufgeschlagen hatte. Ich lag einfach nur da, zitterte vor Angst am ganzen Körper und hielt mir schützend die Hände über den Kopf. Ich wusste nicht, was die Explosion gerade eben ausgelöst hatte oder was eigentlich genau passiert war, aber unweigerlich kamen mir die Bombenanschläge aus dem Jahr 2005 in den Sinn. Die Menschen um mich herum schrien und kreischten panisch. Ein schreckliches Durcheinander war losgebrochen, und ich schaute vorsichtig unter meinen Händen hervor. Die Straße war mit Trümmerteilen übersät. Alles war voller Staub, Schutt und Glassplittern. Die Angst schnürte mir die Kehle zu, und mein Herz klopfte mir heftig gegen die Rippen. Dann folgte ich meinem zweiten Impuls. Ich rappelte mich auf, und dann sprintete ich einfach los und versuchte mich irgendwo in Sicherheit zu bringen. Während ich rannte, wich ich, so gut es ging, Trümmerteilen aus, trotzdem strauchelte ich zweimal und wäre um Haaresbreite hingefallen, aber jedes Mal schaffte ich es, mich auf den Beinen zu halten. Getrieben von der Angst, dass gleich eine weitere Explosion folgen könnte, rannte ich weiter, so lange, bis ich über etwas fiel, beziehungsweise jemanden.

Mit meinem rechten Arm schlug ich ungebremst auf der Straße auf, während der Rest meines Körpers auf einem Fremden zum Liegen kam. Während ich vor Schmerz einen Schrei ausstieß, gab er keinen Mucks von sich. Ich kämpfte das Bedürfnis, meine Flucht fortzusetzen, nieder. Stattdessen kniete ich mich heftig atmend neben ihm auf die Straße und versuchte, meine eigenen Schmerzen zu ignorieren und mich an den Erste-Hilfe-Kurs zu erinnern, den ich vor einer gefühlten Ewigkeit einmal besucht hatte. Aber mir wollte einfach nichts einfallen. Mein Kopf war wie leer gefegt. Der Mann war schmutzig, sein Körper, seine Kleidung, sein Gesicht, einfach alles war mit einer Staubschicht bedeckt. Er war so verdreckt, dass ich nicht einmal hätte sagen können, welche Haarfarbe er hatte. Mit heftig klopfendem Herzen checkte ich seine Atmung. Hoffentlich war er nicht tot, dachte ich angstvoll. Als ich den schwachen Puls an seinem Hals fühlte, stieß ich erleichtert die Luft aus. Seine Augen waren zwar geschlossen. Aber er lebte, allerdings schien er auch schlimm verletzt zu sein. Aus einer Kopfwunde sickerte Blut. Ein dunkles Rinnsal in der grauen Staubschicht. Einer seiner Hemdsärmel war zerfetzt, und ich erkannte eine Schnittwunde, aus der ebenfalls Blut sickerte. Sie schien mir ziemlich tief zu sein. Seine Fingerknöchel waren aufgeschürft, seine Jeans wiesen einen langen, längs über seinen Oberschenkel verlaufenden Riss auf. Sein anderes Bein stand in einem unnatürlichen Winkel ab. Mir wurde ganz anders zumute. Ich überlegte, was ich tun könnte, und blickte Hilfe suchend auf. Das Chaos war nicht abgeebbt. Aber mittlerweile heulten die Sirenen der Kranken- und Polizeiwagen. Ich erblickte bereits Notärzte und Sanitäter, die alle Hände voll zu tun hatten, und wusste, dass der Mann sofort ärztliche Hilfe benötigte. Gerade, als ich aufstehen und ihm diese Hilfe besorgen wollte, hielt er mich am Arm fest. Ich zuckte erschrocken zusammen, sah auf ihn hinab und blickte einen Moment später in die blauesten Augen, die ich jemals gesehen hatte.

Seine Lider flatterten, als er mit rauer, trockener Stimme hervorstieß: »Bin ich tot?«

Angesichts der Erleichterung, die ich über sein Aufwachen empfand, schossen mir sogar die Tränen in die Augen. Ich schüttelte schniefend den Kopf. »Nein, sind Sie nicht. Sie leben. Aber ich glaube, Sie sind schwer verletzt. Ich hole Hilfe. Ich bin gleich wieder da.«

Er brachte ein schwaches Nicken zustande. »Danke«, wisperte er, und dann fügte er leise hinzu: »Ich gehe nicht weg.«

Nur ungern ließ ich den Fremden allein auf der Straße liegen. Aber ich musste es tun, um Hilfe zu holen. Es dauerte viel zu lange, bis ich mit einem Sanitäter im Schlepptau zurückkam. Der Fremde hatte seine Augen wieder geschlossen, und ich befürchtete schon das Schlimmste. Aber dann öffnete er sie wieder, und der Sanitäter begann sofort mit der Erstversorgung. Das Einzige, das mich daran hinderte zusammenzubrechen, war das Adrenalin, das in meinem Körper pulsierte. Gleich darauf kamen zwei weitere Helfer dazu, und schließlich hievten sie den Fremden auf eine Trage. Während sie den Mann zu einem Krankenwagen schleppten, der in einiger Entfernung quer auf der Straße geparkt war, sagte der Sanitäter zu mir: »Kommen Sie mit. Sie brauchen ebenfalls einen Arzt.« Mit einem hastigen Nicken deutete er auf die Wunde, die unter meinen zerrissenen Jackenärmel zum Vorschein kam, und meine aufgeschürften Knie. Aber meine Verletzungen kamen mir so banal vor, dass ich den Kopf schüttelte.

»Ich komme schon klar«, behauptete ich und blieb einfach auf der Straße stehen, während er ein gemurmeltes »Wenn Sie meinen« von sich gab und bereits zum nächsten Verletzten eilte.

Es gab so viele, die Hilfe brauchten. Meine Knie zitterten, als der Krankenwagen mit dem Fremden darin abfuhr. Ich ging ein paar Schritte, blieb dann aber stehen und ließ mich kurzerhand auf den Bürgersteig sinken. Niemand schien von mir Notiz zu nehmen. Erleichtert begriff ich, dass eine zweite Explosion bis jetzt ausgeblieben war. Ich atmete tief durch und besah dann meinen Arm. Erst jetzt nahm ich den Schmerz bewusst wahr. Das Blut ließ den Jackenstoff an meiner Haut kleben. Während ich mir meine Verletzung näher ansah, spürte ich, wie mir plötzlich schwarz vor Augen wurde, und der letzte Gedanke, der in mein Bewusstsein drang, war der, dass ich doch hätte Hilfe annehmen sollen.

* * *

»In ein paar Tagen werden Sie von der Verletzung nichts mehr spüren«, sagte Donna, eine wirklich nette Krankenschwester, zu mir, als sie meine Wunde am Arm versorgte.

Auf dem Bürgersteig war ich ohnmächtig geworden und erst im Krankenhaus wieder aufgewacht. Mittlerweile ging es mir allerdings schon besser. Donna richtete sich auf, als sie fertig war, und packte dann das nicht benötigte Verbandsmaterial zusammen. Den Rest entsorgte sie im Müll.

»Hatten Sie schon Gelegenheit, die Nachrichten zu verfolgen?«, fragte sie, und ich schüttelte den Kopf.

»Nein, leider nicht. Ist denn schon bekannt, was der Grund für die Explosion war?«

»Vorhin wurde in den Nachrichten gemeldet, dass es allen Spekulationen zum Trotz wohl kein Anschlag war. Wenn man den neuesten Mutmaßungen Glauben schenken will, hat es sich um eine Gasexplosion gehandelt.«

Überrascht blickte ich Donna an. Mir erschienen die Vorkommnisse des heutigen Morgens noch immer unwirklich.

»Eine Gasexplosion! Wie konnte das nur passieren?«, fragte ich und erwartete im Grunde gar keine Antwort. Ich hatte einfach nur laut gedacht.

Schulterzuckend erwiderte Donna: »Laut BBC soll das im Moment unklar sein. Die Behörden scheinen völlig im Dunkeln zu tappen, und die Ermittlungen laufen gerade erst an.« Dann fügte sie hinzu: »Ich denke, bis genauere Erklärungen vorliegen, werden vielleicht einige Tage oder sogar Wochen vergehen.«

»Ja, bestimmt«, erwiderte ich gedehnt und blickte nachdenklich auf meinen Verband.

»Stimmt etwas nicht?«, fragte Donna, der mein sorgenvoller Blick anscheinend nicht entgangen war.

Ich zögerte zu fragen, aber dann tat ich es doch.

»Ich suche jemanden, und ich dachte, dass er vielleicht in dieses Krankenhaus gebracht worden sein könnte«, begann ich. Donna schaute mich mit hochgezogenen Augenbrauen an. »Wie heißt denn dieser Jemand?«

Meine Wangen färbten sich rot, und ich kam mir wirklich albern vor. Aber aus irgendeinem Grund bekam ich den Fremden nicht aus dem Kopf. Seit er weggebracht worden war, musste ich an ihn denken.

»Genau darin liegt mein Problem. Seinen Namen kenne ich leider nicht. Das Einzige, das ich über ihn weiß, ist, dass er bei der Explosion schwer verletzt wurde und man ihn in ein Krankenhaus gebracht hat.«

Ich zuckte kurz mit den Schultern, dann fügte ich hinzu: »Ich weiß ja nicht mal, ob er überhaupt in dieser Klinik ist. Er könnte auch in einer anderen sein.« Ich spürte Donnas fragende Blicke auf mir und wurde verlegen. »Ich hätte einfach gerne gewusst, ob er okay ist«, erklärte ich, und Donna lächelte verständnisvoll.

»Tut mir wirklich leid, dass ich Ihnen nicht helfen kann. Aber wenn Sie eine Beschreibung des Mannes für mich hätten, könnte ich mich auf der Station umhören.«

Seine Augen waren blau, und sein Blick nahm einen sofort gefangen, dachte ich. Aber das konnte ich Donna natürlich nicht sagen. Schließlich wollte ich nicht, dass sie mich für vollkommen verrückt hielt.

»Danke für das Angebot. Aber lassen Sie nur. Am besten, Sie vergessen meine Frage einfach.«

Donna nickte. »Wie Sie wollen. Ich muss leider weiter. Die nächsten Patienten warten auf mich. Alles Gute für Sie.«

»Danke«, erwiderte ich, und nach einem aufmunternden Lächeln ließ sie mich allein.

CHAPTER 2

Cole

»Wie geht es Ihnen, Mr Knox?«

Dr. Benson, mein behandelnder Arzt, schaute mich abwartend an, während eine Krankenschwester mein Krankenblatt studierte.

»Als wäre ich heute früh von einem meterhohen Gerüst gefallen«, erwiderte ich mit schwacher Stimme.

Beide verzogen ihre Lippen zu einem kurzen Lächeln.

»Freut mich, dass Sie schon wieder Witze machen können. Ich deute das als gutes Zeichen. Wissen Sie eigentlich, welch großes Glück Sie heute Morgen hatten?«, fragte er.

»Denke schon«, gab ich knapp zurück.

»Das Sie noch am Leben sind und keine noch schwerwiegenderen Verletzungen erlitten haben, grenzt an ein Wunder. Wenn Sie mich fragen, ich denke, Gott hat seine schützende Hand über Sie gehalten.«

Ich schnaubte und schüttelte leicht den Kopf.

Gott? Gewiss nicht, dachte ich. Alle, die mich kannten, würden behaupten, dass es mit Sicherheit nicht Gott gewesen war, der es heute gut mit mir gemeint hatte, sondern wohl eher der Teufel.

»Wann kann ich das Krankenhaus verlassen?«, wollte ich wissen, obwohl ich mich schlicht und einfach miserabel fühlte. Jeder Knochen in meinem Körper schmerzte.

Dr. Benson lächelte gutmütig. »Ich sagte lediglich, dass Sie unter den gegebenen Umständen keine ernsthaften Verletzungen erlitten haben. Nicht, dass Sie hier herausspazieren können, weil Sie wieder kerngesund sind. Mr Knox, nur zur Erinnerung: Sie haben eine Gehirnerschütterung erlitten, Prellungen, und ein paar Ihrer Rippen sind angebrochen, Ihr linkes Bein hatte einen offenen Bruch, den wir im OP richten mussten, um Ihnen nur einige der Verletzungen ins Gedächtnis zu rufen. Ich würde Sie also gerne noch ein paar Tage hierbehalten. Wenn Sie allerdings wirklich gehen wollen, dann nur auf Ihre eigene Verantwortung. Die Entscheidung liegt bei Ihnen. Ich kann Sie nicht zwingen zu bleiben.«

Er deutete mit einem leichten Nicken auf die Krankenschwester, die neben ihm stand und mich nun ebenfalls abwartend anschaute. »Donna kann Ihre Entlassungspapiere fertig machen. Aber wie gesagt, ich rate Ihnen dringend davon ab.« Er musterte mich mit einem prüfenden Blick, dann sagte er: »Ich werde später noch einmal nach Ihnen sehen und hoffe natürlich, dass ich Sie dann noch antreffen werde.« Während er nach einer kurzen Verabschiedung mein Zimmer verließ, hängte Donna mein Krankenblatt zurück an das Bettgestell.

»Dr. Benson weiß, was er tut. Sie können ihm vertrauen«, erklärte sie, während ich mich vorbeugen musste, damit sie mein Kissen aufschütteln konnte. Stöhnend lehnte ich mich wieder nach hinten, als sie damit fertig war.

»Wenn Sie es sagen«, erwiderte ich kurz angebunden und stöhnte leise vor Schmerzen.

»Ich bringe Ihnen gleich noch ein Schmerzmittel. Das wird Ihnen helfen.« Gerade als ich etwas erwidern wollte, meinte sie: »Und sagen Sie jetzt bitte nicht, dass Sie es nicht haben wollen. Vor mir müssen Sie nicht den Helden spielen. Ich sehe doch, dass Sie leiden.«

Sie verschwand schließlich mit einem kurzen Lächeln, und ich versuchte mich zu entspannen, was angesichts meiner jetzigen Situation schier unmöglich schien. Oh, Mann, ich hasste es, hier im Bett zu liegen und mich kaum bewegen zu können. Aber letztendlich sah ich ein, dass Dr. Benson recht hatte. Im Krankenhaus war ich momentan am besten aufgehoben. Also blieb ich hier, auch wenn ich meine Entlassung gar nicht erwarten konnte.

* * *

»Was hast du jetzt vor?«, fragte Jimmy Donelly, als er zwei Tage später mein Krankenzimmer betrat und sich langsam und mit schmerzverzerrtem Gesicht auf einen Stuhl, der vor meinem Bett stand, sinken ließ. Zischend stieß er die Luft aus und schloss für einen kurzen Moment die Augen.

»Geht's wieder?«, fragte ich, und Jimmy nickte, während er die Augen öffnete.

Donelly war ein Glückpilz wie ich gewesen und hatte die Explosion überlebt. Vier unserer Kollegen hatten weniger Glück gehabt.

Ich biss die Zähne zusammen, als ich mir meinen Pullover überzog. Die Jeans anzuziehen, war schmerzhaft gewesen, aber immerhin besser als in diesem dünnen Krankenhausnachthemd herumzulaufen, das im Nacken zugebunden wurde und dabei meinen Allerwertesten entblößte.

Als ich fertig war, ließ ich mich wieder auf mein Bett sinken und atmete für ein paar Augenblicke tief durch. Dann ebbte der Schmerz langsam ab, und ich konnte wieder klar denken.

Nachdenklich warf ich einen Blick aus dem Fenster. Es gab niemanden, der auf mich wartete, und keinen, der in den letzten Tagen zu Besuch ins Krankenhaus gekommen wäre, um mich zu sehen. Ich hatte keinen Notfallkontakt, und wenn ich das Zeitliche gesegnet hätte, hätte es mit Sicherheit keinen auch nur die Bohne interessiert. Da machte ich mir nichts vor. Mir kam die Frau in den Sinn, deren Gesicht plötzlich vor mir aufgetaucht war, als ich verletzt auf der Straße gelegen hatte. In all dem Staub, Schmutz und Chaos hatte sie wie ein Engel ausgesehen. Die Sonne hatte ihre braunen gelockten Haare leuchten lassen, und ich hatte die Erleichterung in ihrem Blick gesehen, als sie das erste Mal meine Stimme gehört hatte. Sie schien wirklich froh darüber gewesen zu sein, dass ich noch atmete. Und das, obwohl sie mich gar nicht kannte.

(Continues…)


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