Macht der Unordnung: Stalins Herrschaft in Zentralasien 1920-1950
Kein Land setzte im 20. Jahrhundert so vehement auf die künstliche Bewässerung als Mittel zur Ausbreitung staatlicher Herrschaft wie die Sowjetunion. Der Bau von Kanälen und Staudämmen veränderte überall im Land des Sozialismus das Zusammenleben der Menschen, ihre wirtschaftlichen Möglichkeiten und ihren Umgang mit der Natur. Das sowjetische Wasserbauprogramm begann 1920 mit Lenins "Plan zur Elektrifizierung" des Landes und gipfelte 1950 in Stalins "Plan zur Umgestaltung der Natur". Ein entscheidendes Element dieser Umgestaltung war Stalins Projekt der Baumwollautarkie, mit dem die zentralasiatische Peripherie in den Prozess der sowjetischen Staatswerdung integriert werden sollte. Zu diesem Zweck waren neue Grenzen und Institutionen, aber auch die Massenmobilisierung der Bevölkerung und vor allem technisches Know-how notwendig. Mithilfe künstlicher Bewässerung sollte eine industrielle Baumwollproduktion entstehen, um die Sowjetunion vom Import dieses wichtigen Cash Crop unabhängig zu machen. In Stalins Sowjetunion beruhte die Staatswerdung nicht allein auf der Neuordnung der Verhältnisse, ihr leitendes Prinzip war vielmehr das Schaffen von Unordnung. Zudem unter- minierten Willkür, Terror und Chaos jegliche Handlungs- und Erwartungssicherheit. Im sowjetischen Baumwollstaat wurde Unordnung zum zentralen Instrument der Herrschaftssicherung. Gleichzeitig machte sie die größte Schwachstelle der Staatsbildung aus. Paradoxerweise definierte die Macht der Unordnung die Durchsetzungskraft des Staates ebenso wie seine eng gezogenen Handlungsgrenzen.
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Macht der Unordnung: Stalins Herrschaft in Zentralasien 1920-1950
Kein Land setzte im 20. Jahrhundert so vehement auf die künstliche Bewässerung als Mittel zur Ausbreitung staatlicher Herrschaft wie die Sowjetunion. Der Bau von Kanälen und Staudämmen veränderte überall im Land des Sozialismus das Zusammenleben der Menschen, ihre wirtschaftlichen Möglichkeiten und ihren Umgang mit der Natur. Das sowjetische Wasserbauprogramm begann 1920 mit Lenins "Plan zur Elektrifizierung" des Landes und gipfelte 1950 in Stalins "Plan zur Umgestaltung der Natur". Ein entscheidendes Element dieser Umgestaltung war Stalins Projekt der Baumwollautarkie, mit dem die zentralasiatische Peripherie in den Prozess der sowjetischen Staatswerdung integriert werden sollte. Zu diesem Zweck waren neue Grenzen und Institutionen, aber auch die Massenmobilisierung der Bevölkerung und vor allem technisches Know-how notwendig. Mithilfe künstlicher Bewässerung sollte eine industrielle Baumwollproduktion entstehen, um die Sowjetunion vom Import dieses wichtigen Cash Crop unabhängig zu machen. In Stalins Sowjetunion beruhte die Staatswerdung nicht allein auf der Neuordnung der Verhältnisse, ihr leitendes Prinzip war vielmehr das Schaffen von Unordnung. Zudem unter- minierten Willkür, Terror und Chaos jegliche Handlungs- und Erwartungssicherheit. Im sowjetischen Baumwollstaat wurde Unordnung zum zentralen Instrument der Herrschaftssicherung. Gleichzeitig machte sie die größte Schwachstelle der Staatsbildung aus. Paradoxerweise definierte die Macht der Unordnung die Durchsetzungskraft des Staates ebenso wie seine eng gezogenen Handlungsgrenzen.
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Macht der Unordnung: Stalins Herrschaft in Zentralasien 1920-1950

Macht der Unordnung: Stalins Herrschaft in Zentralasien 1920-1950

by Christian Teichmann
Macht der Unordnung: Stalins Herrschaft in Zentralasien 1920-1950

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Kein Land setzte im 20. Jahrhundert so vehement auf die künstliche Bewässerung als Mittel zur Ausbreitung staatlicher Herrschaft wie die Sowjetunion. Der Bau von Kanälen und Staudämmen veränderte überall im Land des Sozialismus das Zusammenleben der Menschen, ihre wirtschaftlichen Möglichkeiten und ihren Umgang mit der Natur. Das sowjetische Wasserbauprogramm begann 1920 mit Lenins "Plan zur Elektrifizierung" des Landes und gipfelte 1950 in Stalins "Plan zur Umgestaltung der Natur". Ein entscheidendes Element dieser Umgestaltung war Stalins Projekt der Baumwollautarkie, mit dem die zentralasiatische Peripherie in den Prozess der sowjetischen Staatswerdung integriert werden sollte. Zu diesem Zweck waren neue Grenzen und Institutionen, aber auch die Massenmobilisierung der Bevölkerung und vor allem technisches Know-how notwendig. Mithilfe künstlicher Bewässerung sollte eine industrielle Baumwollproduktion entstehen, um die Sowjetunion vom Import dieses wichtigen Cash Crop unabhängig zu machen. In Stalins Sowjetunion beruhte die Staatswerdung nicht allein auf der Neuordnung der Verhältnisse, ihr leitendes Prinzip war vielmehr das Schaffen von Unordnung. Zudem unter- minierten Willkür, Terror und Chaos jegliche Handlungs- und Erwartungssicherheit. Im sowjetischen Baumwollstaat wurde Unordnung zum zentralen Instrument der Herrschaftssicherung. Gleichzeitig machte sie die größte Schwachstelle der Staatsbildung aus. Paradoxerweise definierte die Macht der Unordnung die Durchsetzungskraft des Staates ebenso wie seine eng gezogenen Handlungsgrenzen.

Product Details

ISBN-13: 9783868546699
Publisher: Hamburger Edition HIS
Publication date: 03/07/2016
Series: Studien zur Gewaltgeschichte des 20. Jahrhunderts
Sold by: Bookwire
Format: eBook
Pages: 350
File size: 937 KB
Language: German

About the Author

Christian Teichmann, Dr. phil., ist Osteuropahistoriker und wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Geschichtswissenschaften der Humboldt-Universität Berlin.

Table of Contents

1 Rotes Land, Weißes Gold - Künstliche Bewässerung, Baumwollwirtschaft und der sowjetische Staat 2 Koloniale Revolutionen - Zentralasien zwischen Zaren und Sowjets,1885-1922 Land der Wüsten und Oasen: Ein wirtschaftsgeografischer Überblick Amerikanische Träume: Der Baumwollboom in Turkestan, 1885-1914 In der Hungersteppe: Erste Experimente im Wasserbau Kolonisierung: Russische Siedler in Turkestan Kriege und Revolutionen, 1914-1920 Safarows "wilde" Landreformen, 1921-1922 3 Grenzen ziehen, Wasser teilen - Moskau und die indigenen Eliten, 1923-1929 "Dekolonisierung der Kolonie": Ein politisches Programm Die Schaffung der zentralasiatischen Sowjetrepubliken, 1924-1925 Grenzkonflikte, Wasserkonflikte Revolution ohne soziale Basis: Die Landreformen in Usbekistan Zwischen Intrige und Ideologie: Die "Parteisäuberungen", 1928-1929 4 Fußvolk mit Eigensinn - Ingenieure und Bolschwiki, 1923-1929 Im Wandel: Wahrnehmungen der "traditionellen" Bewässerung Vor Ort: Arbeit und Alltag der russischen Ingenieure Ein Revolutionär als Bürokrat: Michail Rykunow und die Zentralasiatische Wasserbehörde Scheitern im Wasserbau: Das Fiasko am Usboj Politik der Zerstörung: "Rationalisierung" und ein Schauprozess gegen "bourgeoise Spezialisten" 5 Eine Zeit der Wirren - Forcierter Baumwollanbau und Kollektivierung, 1929-1932 Von der Getreidekrise zur Kollektivierung, 1928-1929 Stalins "Baumwolloffensive", 1929 Widersprüchliche Befehle: Kollektivierung in Usbekistan, 1930 Despotismus und Gewalt in der Baumwollzone, 1931-1932 6 Utopie im Ausnahmezustand - Ein Großbau in Tadschikistan,1930-1937 Baumwollgarten in der Wüste: Das Wachsch-Tal und die sowjetische Staatswerdung Chaotische Anfänge: Mangel, Flucht, Gewalt Strategien in der Krise: Die Macht der stalinistischen Direktoren Zwischen Erfolg und Vernichtung: Ein "alter" Ingenieur in einer "neuen" Welt Feindliche Natur: Die Folgen technischer Fehlplanung Landschaft der Unordnung: Terror, Deportationen und ein fragiler Staat, 1934-1937 7 Planerfüllung ohne Plan - Baumwollwirtschaft und Staatsterror, 1933-1937 Medien der Macht: Statistik und Ressourcenallokation Institutionen der Gewalt: Politische Abteilungen, Beschaffungskampagnen, Trojkas Wirkungen der Willkür: "Traditionalismus" und "Rückständigkeit" Improvisieren statt Planen: Deichbau am Amudaria, 1937 Der Staat als Spektakel: "Großer Terror" in Usbekistan und der Moskauer Schauprozess, 1937-1938 8 Kriegslandschaften - "Volksbaustellen" und der Zweite Weltkrieg,1937-1950 Massenmobilisierung: Usman Jusupow und der Große Ferghanakanal, 1937-1939 Die Grenzen des Mobilisierungsregimes, 1939-1941 Krieg an der Heimatfront: Usbekistan in der Krise, 1941-1943 Keine Wende, keine Flexibilität: Baumwolle, Terror und Hunger, 1943-1945 Bleierne Jahre: Die Nachkriegszeit, 1945-1950 9 Macht der Unordnung - Ein Resümee Anhang Begriffe, Namen, Archive Glossar Quellen und Literatur Namens- und Ortsregister Dank Zum Autor
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